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[ Band 1 Brief 132: Caroline an Humboldt [Erfurt], 19. Februar 1791 ]
Ich sah Dalberg und Dominikus *) im Theater, aber den letzten nur einen Moment. Er setzte sich weit von mir weg und schien trüb und zerstört. Arme, liebe Seele! Zuweilen ist es, als wollte ein neuer Funke des Lebens in ihm aufglimmen, aber dann verläßt es ihn auch wieder schnell, und ich fühle nicht das Ende seines Kummers. Du zartes, schönes Wesen empfindest, wie dieser Kummer mich ergreift, mich, die ich so un- endlich liebe, so unendlich wieder geliebt werde, aber auch so klar empfinde, daß schon der nicht elend sein kann, der der Liebe Gefühl in seiner heiligen Wahrheit und Reinheit faßt, wenn ihn gleich nicht aller Zauber des Genusses und der Gegenliebe beseligte. Ach, oft an Dominikus’ Seite mahnt es mich, ihn in meine Arme zu schließen und ihm zu sagen: »Ermanne Dich, es geht keine Blüte ver- loren, die sich einsam in Deiner Seele erschließt, die Du mit Deinen Tränen benetzest« — aber dann wag ich’s nicht, zitternd ziehe ich meine Hand aus der seinen, wenn ich das Ringen seiner Seele fühle — ich weine, und neben ihm erlischt die Flamme des Lebens in meinem Herzen. — . . . Meine Lage gegen Dominikus ist peinigend. Genötigt, wie er es ist, mich oft zu sehen, kann er selbst nicht den Wahn der Ruhe erringen, und ganz schließt er sich mir auch nicht auf. Doch vielleicht, wenn er sich einmal eine Stunde frei und allein neben mir fühlt — ich sage Dir etwas davon. Nur Dir kann ich über Dominikus reden — es ist so ein innig gutes Wesen, und ihn so elend zu sehen, nur Du, denke ich mir immer, könntest sehr wohltätig auf ihn wirken. Ach, Dein Kommen wird ein Segen sein für uns alle! Lili ist noch immer in Jena, aber ach, so trüb und schwer, und ich empfinde, mit welchen lockern Banden sie nur noch an dem Leben hängt. Wie wird sich des teuren Geschöpfes Schicksal lösen? — Dalberg ist mir nicht ganz verständlich gewesen diesmal. Seit Lilis letztem Hiersein sind wir ——— *) Vgl. S. 236. 411