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[   Band 1 Brief 123:    Humboldt an Caroline    [Berlin], Mittwoch abend, 2. Februar 1791   ]


schieden in mir. Kein Zweifel drückt mich mehr. Wenn Papa mir
günstig auf diesen Brief antwortete, so nähme ich gleich meinen Ab-
schied und käme jetzt zu Dir, ohne mich wieder von Dir zu trennen.
Denn das möcht ich. Du weißt es, was diese Trennungen kosten,
und warum sollen wir die schönste Blüte unsrer Liebe mutwillig zer-
knicken? Dennoch schmeichle ich mir mit der Hoffnung noch nicht.
Wie ich Papa kenne, so ist nichts so schwer von ihm zu erlangen, als
ein bestimmter und noch mehr ein schneller Entschluß. Beides wäre
hier nötig. Vielleicht bewegst Du, vielleicht Dalberg ihn, aber dennoch,
so schnell wag ich nicht zu hoffen. Ich erwarte einen unbestimmten
Brief. Nach und nach werden wir ihn lenken müssen. Es wäre nicht
gut. Verlorene Zeit, neuer Schmerz bei neuer Trennung, und wozu
das alles — endlich, hoff ich, sehen wir unsre Idee doch durch, dann
ist nicht einmal für ihn gewonnen. Wenn wir es aber erreicht haben,
das hohe Ziel, wenn wir uns und bloß uns leben, wessen Glück reicht
auch dann an das unsere? Jeder Augenblick wird uns in seliger Liebe
hinschwinden. Ach! nicht wahr, Li ist dann immer, immer bei mir,
geht nicht allein, wie sie sonst wollte, ach! nicht auf Stunden, ge-
schweige auf Wochen? Wie unser Geist da aufblühen würde, in dieser
Freiheit, mit dem befriedigten, glücklichen Herzen, in einer schönen
Natur und in einer wohltätigen Harmonie mit allem, was uns um-
gibt. Hier empfind ich es oft, wie die Federn meines Wesens nicht
die Kraft haben, die ich auch sonst ihnen kenne. Alle Kraft muß sich
ja vereinen, um diese öde Einsamkeit auszudauern, mich nicht sinken
zu lassen in der Trennung von Dir. Und oft bewundre ich, daß
ich es vermag, daß ich nicht unterliege der schmerzlichen Wehmut.
Ach! Li, Du trägst mich, das Bild Deiner Größe, das Gefühl
Deiner Liebe. Lebe nun wohl, mein teures, liebes Wesen. Nimm
den sehnenden Kuß, ach! und traure nicht um Bill. Solange
Li ihn liebt, was ist da Unglück, und Li, ach! Li liebt ihn ja ewig.

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