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[   Band 1 Brief 120:    Caroline an Humboldt     [Erfurt], 23. Januar 1791, nachmittags   ]


werden seltener — mein Herz überschwebt sie und weint süßere
Tränen, versunken in der Vergangenheit einzig schöne Rück-
erinnerungen, getragen von heiliger Ahndung der Zukunft. — Ja,
sie spricht mir wieder an die Seele, die Hoffnung, die holde Ge-
fährtin des menschlichen Lebens, und flüstert dem müden Herzen
zu, von der Stunde des Wiedersehens und all, all der sie begleiten-
den Wonne! O, Bill, Dich wieder an den Busen zu schließen,
laß mich’s denken, ewig denken, und so der Gegenwart lastenden
Gefühlen entfliehen. . . .
Du hast letztens geträumt, ich sähe krank aus und blaß, das
erste sagen alle Leute, das zweite ist wahr. Sehe so blaß aus,
wie in den glücklichen ersten Tagen unsres Zusammenseins in Burg-
örner, wo ich die Nächte durchwachte. Aber die Augen sind nicht
so hell, wie sie dennoch damals waren. Mag wohl wahr sein, daß
ich nicht mehr so schön bin wie den Morgen, wo ich mich vor
dem Spiegel selbst bewunderte. Weiß Bill noch? und wie er da
über das närrische Kind lachte? Ach, muß doch noch hübsch sein, denn
es verlieben sich noch viele Leute in mich. Letzt machte Li die Er-
oberung eines Fremden, der sie gern gleich geheuratet hätte, denn
wie er beim Abschied untröstlich war und ihm Dalberg sagte:
»Mais vous la reverrez dans trois ans, quand vous reviendrez
d’Espagne,« erwiderte er: »Que me sert — je la reverrai épouse
et mère et il faudra m’en aller comme aujourd’hui.« Wir haben
uns bald krank gelacht, der Goldschatz und ich, daß er gesagt hat:
»Cette demoiselle n’est pas belle, mais on voudrait ne voir qu’elle,
quand on l’a vue une fois.« Nun weißt Du also, wie’s um mein
Gesicht steht, ah! pourvu que tu veuilles me voir toujours. Et puis,
Li redeviendra belle quand elle sera près de toi, quand elle saura que
jamais rien ne la sépare de ta chère présence. Prends moi toujours!
Bill will also Li sagen, was sie sprechen soll, wenn sie einmal
Mama sieht, will alles nachsagen, Wort vor Wort, wie ich’s jetzt

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