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[   Band 1 Brief 120:    Caroline an Humboldt     [Erfurt], 23. Januar 1791, nachmittags   ]


im Schreiben tue — ach, wüßte ja sonst nichts, arme Li ist so
einfältig. — . . . Ich gehe zum Goldschatz, Unterricht im Malen
zu nehmen. Vielleicht fang ich dann auch etwas an. — Leb wohl,
süßes Leben. Ewig Deine Li.


121. Humboldt an Caroline   [Berlin], Freitag, 26. Januar 1791

Verzeih mir, holde, liebe Seele, daß ich so lang nicht zu
Dir kam. Du fühlst ja den Schmerz, in dieser bangen
Trennung auch nicht einmal reden zu können mit dem,
der das Herz einzig füllt. Wo nehme ich sie noch her, diese rege
Kraft, die mich hält, die mir so oft so himmlisch schöne Momente
gewährt. Die Nächte? O, Li, dann durchwallen mich Gefühle,
die ich nicht als möglich ahnde in der schrecklichen Einöde der
qualvollen Tage. Mit dem Lichte stirbt meine Freude dahin, und
ein schweres, drückendes Gefühl legt sich über mein Wesen. Oft
kann ich nicht zu Bett gehen, dann irre ich umher und schweife
durch die Straßen und winke dem Wagen zu und allen Gestirnen
und bleibe auf einer Brücke stehn und sehe sie funkeln, die ewig
jugendlich Glänzenden im hellen Wasser. Neulich schweift ich auch
so umher, und plötzlich erblickt ich eine prächtige Feuerkugel am
Himmel fallen. Erst sank sie so langsam, und beim ersten Blick
hielt ich sie für den Jupiter, dann schneller und schneller, bis sie
verschwand und nichts zurückließ. Nichts zurückließ? — Nein,
dacht ich, so ist’s nicht mit den Freuden, die ich und Li genossen.
Schön und leuchtend waren sie, wie die glanzvolle Kugel, ach, und
schnell auch wie sie schwanden sie in die finstere Einöde hin, aber
herrlich ist ihr Angedenken, und tief bleibt’s in der Seele, was sie
so göttlich darin schufen. Wenn dann solche Momente kommen,
so heben sie mir wieder die Seele, und oft kehre ich an die Stellen

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