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[ Band 1 Brief 120: Caroline an Humboldt [Erfurt], 23. Januar 1791, nachmittags ]
nossen zu haben, konnte den Raum eines ganzen Daseins aus- füllen, beglücken, und das meine soll eine ununterbrochene Kette solcher Momente sein! O, wohl bin ich ein überglückliches Weib —— wem ward ein Los gleich diesem. O, Du, der Du mir es schenkst, dem ich mich geben möchte, wie nie sich ein Weib gab, fühle ganz den Segen, den Du über mein Leben verbreitest — ohne dies reine, hohe, beglückende Gefühl reichte ja selbst meine Liebe nicht hin, Dir zu lohnen — ach, ich kann nur danken — Du selbst nur Dir lohnen. —— Montag abend Laß mich aufhören — es ist spät, und Li ist nicht wohl. Laß mich noch diesen Kuß herdrücken — Du nimmst ihn von dem glück- lichen Blatt — Deine Lippen, ich zittre, es ist so unbegreiflich, hier werden sie ruhen — Deine Augen, ach, die Züge machte Li, werden sie denken, und Li — ach, trage sie mit erbarmender Liebe in Deiner heiligen Seele. Verzeih diese Angst, diese Tränen — o, laß mich. — Dienstag abend Ich empfing diesen Mittag Deinen Brief. Ach, die Unordnung der Posten tut mir so unendlich weh. Acht Tage mußt Du oft bleiben ohne eine Zeile von mir. Wenn ich nur wüßte, wie ich’s machte, damit Du nicht weniger Genuß hättest wie ich. Arme Li! Die Freude, die Du nicht teilst, bleibt ja nicht Freude. O, es ist eine unendlich schöne und wahre Stelle Deines vorletzten Briefes, daß, seit Du ganz weißt, wie nur Liebe für Dich mein Dasein ist, Du nicht mehr wie sonst wünschest allein zu tragen alles, was Dich und mich drückt. Zarte, einzig schöne Seele, o, fasse es ganz und segne den Schmerz, der dauernd mein Herz durchglüht — er erhält Deine Li — vertrauend und dankend um- fasse ich ihn wie einen Freund — nur die Momente banger Sinn- losigkeit, dumpfer Betäubung sind schrecklich und zerreißen die Fäden des Lebens. Aber sei ruhig, es sind nur Momente, und sie 378