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[ Band 1 Brief 119: Humboldt an Caroline [Berlin], 22. Januar 1791 ]
sagt mir Dein nächster Brief etwas davon. Es ist so ein einzig großer Mensch, manchmal bild ich den Wunsch auch seinetwegen. Ich kenne die Wärme, mit der mich recht tiefe und innige Achtung an große Menschen schließt, und diese Wärme würde einem Wesen, wie das seine, wohltun, wenn ich ihm auch sonst nicht genügen kann. Daß Du mit Papa gesprochen, dafür meinen herzlichen Dank, liebe, teure Li. Der entscheidende Ton ist gewiß der beste, Papa ist in sich selbst dadurch auch ruhiger. Denn er gehört zu den Menschen, die der eigene Entschluß viel kostet und denen er Unruhe macht. O! Li, ich vertraue jetzt sehr unsrer Zukunft. Du weißt die Verhältnisse so schön zu behandeln, und hier leitet Dich die Liebe. Grüße Dalberg von mir. Schlafe wohl und träume von Bill. 120. Caroline an Humboldt [Erfurt], 23. Januar 1791, nachmittags Ich war heut morgen im Freien, seit langer Zeit zum erstenmal. Es tat mir wohl, die milde Luft zu atmen und die grünen Felder zu sehen und an dem schönen, hohen Blau des Himmels leicht hingestreute einzelne Wolken. Ich ging schweigend an Papas Arm und dachte der Morgen, der Abende, wo ich neben Dir in der Pappelallee, auf den Wiesen, in dem kleinen Hölzchen ging und oft aussah, an Deinem Auge hing und auf Deiner ganzen lieben Gestalt ruhte. Ach, wenn Du auch von mir weggewandt mit Papa redetest, wie fühlt ich doch, daß Du nur mich dachtest, nur mich empfandest. — Und wenn ich allein mit Dir ging und in der schönen, freien Natur Dich um- armte, wie war mir’s da oft, als umfaßt ich auch sie, als legte ich sie mit mir auch an Deinen Busen. O, Bill, was waren das vor Momente! Ihre Rückerinnerung, das Gefühl, sie gelebt, ge- 377