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[ Band 1 Brief 115: Caroline an Humboldt [Erfurt], den 9. Januar 1791, ]
Dich so her, Lili und ich, zwischen diesen beiden. Dein Wesen ist so einzig mild und umfassend, Deine Seele so vermögend, die Vor- stellungen der andern mit den Deinen zu verknüpfen und eine neue, selige Harmonie aus ihnen zu schaffen — ach, das muß Dir werden, damit Dein Wesen aufblühe zur höchsten Schönheit, für die es bestimmt, geschaffen ist. Im April, hoffe ich, soll uns ein Vorschmack unsrer künftigen Existenz werden. Schiller will die Osterferien hier zubringen, seine Arbeiten mitnehmen und einen Monat bei uns bleiben. Lili kommt dann auch von Rudolstadt, und Bill — ja, Bill kommt auch, und Li dünkt in seinen Armen diese Trennung ein banger Traum gewesen zu sein. Ach, wohl ein banger! — Gott, ich kann Dir’s nicht bergen, wie unendlich ich leide — Du ahndest ja meine Seele auch ohne Worte, und ich müßte vergehen, wenn ich mich nicht ausspräche gegen Dich. O, Bill, Bill, es heilet nicht mein wundes Herz an dem Busen der Liebe, aber milder und sanfter wird das unendliche Weh, das es erfüllt, und wohltätig, unaussprechlich wohltätig ist mir die Empfin- dung, das zarte Leben meiner Lili, die schönsten, heiligsten Blüten ihres Wesens zu pflegen . . . Über Lilin möcht ich so viel sagen und über ihr Verhältnis zu Dalberg, und doch kann ich es kaum. Sie liebt ihn, ach, so mit voller Seele, mit allen Kräften ihres Wesens, daß sie kein Dasein mehr haben wird, als das ihr von ihm kommt. Er ist sich selbst nicht ganz klar, und ich bin sehr be- gierig auf das, was er mir sagen wird, wenn ich erst wieder allein bin. So oft ich mit ihm über Lili sprach, war immer nur von seiner Empfindung die Rede, nie von der ihren. Es ist auch so sonderbar, es ist fast unglaublich, und doch ist es so wahr, sie sehen sich täglich, und doch kommt es fast nicht unter ihnen zur Sprache. Er sagte mir noch vor zwei Tagen: »Warum ist Ihre Caroline so ungleich, oft so schmerzlich bewegt? Wenn man sie zu haben glaubt, ist der Faden zerrissen, und ich muß lang suchen, ihn wieder 358