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[   Band 1 Brief 112:    Caroline an Humboldt     [Erfurt], Donnerstag abend 6 Uhr, 30. Dezember 1790   ]


Dir die schönsten Stunden mit seines Lebens danke, und ich mußte
ihm versprechen, daß Du ihm schreiben wolltest, um welche Zeit
Du hierher oder im Sommer nach Burgörner kommen würdest.
Tue es, mein lieber Bill. Ich wurde dem Menschen gut, weil er
so warm von Dir und von seinem Studium sprach und gescheut
aussieht. Ach, was Deine Li ein Kind ist. Wenn ich wo ein Ge-
sicht sehe, auf dem Deine Augen geruht haben, wird’s mir doch
wohler, die Menschen um mich zu sehen. Es ist heut der Neu-
jahrstag, Bill weiß gewiß, wie es vor einem Jahre in Weimar
war. Ach, nichts, gar nichts hab ich vergessen von den unbeschreib-
lichen Tagen, und wie könntest Du es. Jetzt gingen wir nach Hof,
und nachdem war ich allein mit Dir und Carl — Lolo und Caroline
und Schiller auf der Redoute. Weiß Bill noch? —

                                                    Montag morgen
Verzeih, mein süßes, einzig liebes Wesen, wenn Du einen
kürzeren Brief heut von mir empfängst. Seit Lottgen da ist, wird
in den Stunden, die wir in Carolinens Zimmer zubringen, so viel
gesprochen, daß es mir kaum möglich ist, Dir zu schreiben. Eigent-
lich muß ich allein sein, um Dir zu schreiben, um uns voll zu
empfinden. Das Äußere stört, so nah es auch meinem Herzen ist.
Indes mag ich auch nicht in meine Stube gehn. Du fühlst, wie
das ist. Ach, Bill, und ich habe Dir so viel zu sagen auf Deinen
letzten langen Brief. Zürne mir nicht, daß ich es aufschieben muß.
Dein Kind kann nicht anders. Es bewegt mich schmerzlich, daß
von den herrlichen Stunden mit Lili, dem Goldschatz und Schillers
so viele im leeren Treiben der Gesellschaft hingehn — beim Putzen,
beim Essen — es macht mich physisch krank. O, ich bin wohl ein
Kind, aber ich kann nicht anders, mein Wesen bedarf der Stille,
der Ruhe, um zu sein, was es sein kann, es ist schon so wenig,
was ich meinen Lieben zu geben vermag, und nun noch es ge-
nommen zu fühlen durch so viel Äußeres. Schillers verlassen uns

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