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[ Band 1 Brief 109: Caroline an Humboldt [Erfurt], Donnerstag, 16. Dezember 1790, abends 11 Uhr ]
dieser wehen Trennung. Wilhelm, Wilhelm, unendlich wie mein Schmerz ist, wird auch meine Wonne im vereinten Leben mit Dir sein. Wie reich an mannigfaltigen Gestalten des höchsten, heiligsten Glücks müssen im entzückenden Genuß der Gegenwart unsre Wesen sein, da sie uns selbst jetzt im namenlosesten Jammer nicht verlassen. Zwar sehe ich sie nur wie durch einen Schleier, aber er wird weg- gezogen werden! — Ach, der Moment, in dem ich mein Leben ununterbrochen an das Deine gebunden fühlen werde — mein Herz vergeht, meine Seele entflieht, wenn ich ihn denke! Bill, es ist mehr als ein menschliches Glück, Dein Dasein zu tragen, es Dir zu geben und Deines Wesens herrlichste Blüten im Odem meiner Liebe sich erschließen zu sehen, o, Bill, nur die immer reinere Schönheit des meinen kann Dir Dank sein, kann Dir einen Teil der Wonne erstatten, die Du in göttlicher Fülle und mit göttlicher Kraft über mich ausgießest. O, Du großes, einzig süßes Wesen, Du fühlst die heilige Freude, mit der ich Dir sage, daß ich besser geworden bin; mit jedem Schritte, den ich vorwärts tue, wird mein Sinn kindlicher und demutvoller, wächst sein Vermögen, Dich in allen Gestalten gleich innig und wahr zu fassen, und die süße Kraft, mit der ich ahnde, daß unsre Wesen noch immer höher steigen, und je schöner sie aufblühen werden, je reiner und tiefer ihre Ver- wandtschaft empfinden und zurückkehren werden zu ihrer ersten, ur- sprünglichen Gestalt. Ach, wie schnellere Fortschritte werd ich machen, wenn ich Dein wohltätiges Dasein um mich fühle, Dein Anblick mich begeistert, Deine Liebe mich trägt, wenn ich nicht mehr den langen Kampf ringe, mich zu erhalten, der so oft alle meine Kräfte erschöpft. O, Bill, Deine Li wird Dir süße Momente geben, schon das Streben danach könnte mit Glück und Wonne ein ganzes Dasein füllen. — Sei ruhig, mein Geliebter, um die trüben Momente in Burg- örner. Ich bin ihnen nicht böse, ach, ich bin mir nicht streng. 336