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[ Band 1 Brief 109: Caroline an Humboldt [Erfurt], Donnerstag, 16. Dezember 1790, abends 11 Uhr ]
stoßen einem von allen Seiten auf. Wie gehört es zu der Voll- endung unseres Glücks, mein Bill, daß ich mir unser Zusammen- sein so entfernt von allen übrigen Menschen, so allein wie möglich denke. Ich sah heute viel schöne Kupferstiche, Abbildungen eng- lischer Landhäuser, so einfache, edle Gebäude, und rings darum die reizendste Lage. Mich erfüllt oft eine unbeschreibliche Sehnsucht nach ländlichem Dasein und ländlicher Stille. So in Deiner ununterbrochenen Nähe, Du an meinem Herzen, dieses heilig glühende Leben der Liebe in uns, was müßte nicht aus uns werden! Zu welcher mehr als menschlichen Größe würd ich Dein Wesen sich erheben sehen, mit welchem Mut, Dir zu folgen, um Dir ewig nahe zu bleiben, würd ich meine Seele erfüllt fühlen! O, es muß uns werden! Wie wir die höchsten Gefühle der Liebe in der Wonne des gegenwärtigen Genusses, in den Schmerzen der Trennung zu erringen strebten, und ewig es werden, so laß uns auch mit allen Kräften streben, den schönsten Zusammenklang in allen äußeren Verhältnissen hervorzubringen. Die innere Harmonie unsrer Wesen wird wundervoller noch in ihr ertönen, was wir vielleicht kaum zu ahnden vermögen, wird daraus hervorgehn. — Es war heut ein Kupferstichhändler bei uns, der sehr schöne Sachen hatte. Papa kaufte verschiedene Stücke, und dabei erzählte er, daß er sechs Jahre in Berlin gewohnt habe und nun auch da- hin zurückgehe. Papa frug, ob er nicht das Humboldtsche Haus kenne. Er besann sich. »O ja,« sagte er endlich, »es ist nicht weit vom Gendarmenmarkt.« »Nun,« sagte Papa, »wenn Sie hinkommen, so empfehlen Sie mich dem jungen Herrn v. H[umboldt].« Papa sah mich dabei lachend an. Der Kaufmann war pfiffig genug, zu fragen: »Und nicht auch von der schönen Fräulein ?« »Nein,« sagte ich und wandte mich herum, und ich hätte weinen mögen. Ich kann Dich nicht nennen hören von andern. Ich habe nach den Büchern gefragt. Die heilsamen Ermahnungen der Kranken und die Vor- 334