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[   Band 1 Brief 101:    Caroline an Humboldt     [Erfurt], 2. Dezember 1790, abends   ]


müssen Dir manche Momente in unsrem verschiedenen Zusammen-
sein gesagt haben — aber, hätte das Bild Deines Wesens mir
vorgeschwebt, wie ich es nun ewig mit heiligem Entzücken in meiner
Seele trage, ich weiß nicht, ich glaube nicht, mein Wilhelm, daß
das entscheidende Ja zu unserer Verbindung über meine Lippen
gekommen wäre. Wie ein überirdisches, oft geahndetes höheres
Wesen hätt ich Dich angebetet — aber der Wunsch, Dich mein
zu nennen, hätte mir vermessen geschienen. O, wie selig ordnete,
löste sich auch das! Näher Deinem heiligen Wesen, weil das meine
reicher und schöner schon aufgebläht war, in dem Odem Deiner
Liebe, erkannt ich Dich unaussprechlich wahrer und inniger denn
vorher. Ich bebte einen Moment, ich fragte mich zitternd: »Was
bin ich, um nach dem Höchsten zu greifen?« Aber getragen, gehalten
in der schwindelnden Höhe fühlt ich mich durch nie empfundene
Macht. Es war Deine Liebe. Ihr Segen überströmte in reicher
Fülle mein Wesen, ihre Stimme lispelt mir noch in jedem Moment
zu, daß ich Dein einziges Glück machen werde. Und in diesem
Gefühl allein fasse ich den Gedanken der Zukunft, den meines
Daseins. Ach, es ist ein einzig schönes Los, nur für Dich zu
leben und mit Dir zu vergehn. Für Dich zu vergehn wäre schon
so viel gewesen, und nun! —
Es verdient Dich niemand, heiliges, wunderbares Wesen. Aber
Li faßt Deine Seele! Darum, o darum, um des reinen Wunsches
willen, seine ewig emporkeimenden himmlischen Blüten zu pflegen,
laß sie leben an Deiner Seite, nimm das Opfer ihres Daseins an
— kann ein Mensch auch mehr geben als das? Ach, nur um es
Dir zu bringen, wünschte ich, mehr zu haben. —
Ich bete Dich an wie den Schöpfer meines neuen Daseins,
wie den huldreichen Geber meines unverdienten Glücks. Ach, diese
Gefühle des Dankes, der Anbetung, aus manchen Herzen mögen
sie schon im Glauben einer allwaltenden Vorsehung geflossen sein

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