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[   Band 1 Brief 98:    Humboldt an Caroline    [Berlin], Mittwoch, 24. November 1790   ]


heimsten Empfindungen meines Herzens, war mir oft bang, ich
möchte Dir nicht wahr oder nicht konsequent erscheinen. Doch lang,
lang fürchtet ich’s nie. Trugst ja immer das Gefühl meiner Wahrheit
so tief im Herzen. Ich hätte auch keine Freude genießen, keine
bange Sorge für Dich ungestört durchleiden können, hätte ich je
diese heilige Wahrheit entweiht.

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Ich schrieb Dir ja wohl neulich, daß Carl Jetten geantwortet
hat. Es war eine fürchterlich dicke Epistel. Gelesen hab ich sie
nicht, aber Jette ist nicht zufrieden damit. Sollen sonderbare Sachen
drin stehen. Die Liebe wird eine Seifenblase, ein Possenspiel u. s. f.
genannt. Der arme Carl, ich glaube, ich versteh ihn. So schreibt
er, wenn er nicht schreiben will, wie er ist. Wäre Jette anders
und mehr, so würde sie mir weh tun. Einmal geglaubt zu haben,
von Carl geliebt zu werden, und dann auf einmal die schöne
Hoffnung hingeben zu müssen, das muß tief schmerzen. So wie
Jette ist, mit ihrem leichten, alles bald vergessenden Sinn, schadet’s
wenig. Indes wollt ich, Carl hätte sich anders genommen. Wäre
er nur am Anfang wahr gewesen. Diese Täuschungen geben ja
doch kein Glück. War er’s aber da nicht, oder täuschte er sich
selbst, so sollte er jetzt es werden. Sagte er geradezu, daß er sie
nicht liebte, es wäre besser. Er ließe sie doch dann wirklich in das
Innere seiner Seele sehen, und sie behielte den Genuß dieses An-
blicks und das Bewußtsein, daß er ihre Gefühle, wenn nicht in
einem liebenden, doch in einem gütigen, teilnehmenden Herzen trüge.
Bei nicht erwiderter Liebe kann nichts trösten als der Anblick der
hohen Schönheit des geliebten Gegenstandes. Der hebt die Seele
und macht ihr zugleich die Empfindung selbst noch teurer, die sie
verzehrt. Allein so, sind die Ideen Wahrheit in Carl, hält sie sie
dafür — o! dann ist’s doch zerstörend, über seine eigenen liebsten
innersten Gefühle so sprechen zu hören. Hält sie sie nicht für

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