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[ Band 1 Brief 90: Caroline an Humboldt [Erfurt], 8. November 1790, ]
Mit Jetten weiß ich gar nicht wieder anzuknüpfen. Sie wird mir böse sein, aber ich kann nicht davor. Solange mir der Sinn so verschlossen bleibt zu Briefen, die nicht aus der Fülle meiner Empfindung fließen, vermag ich nicht zu schreiben. — — — Ich sagte Dir noch nichts, Liebster, von Dingen, die mir so viel, so unendlich viel Freude machten. Habe immer so viel, für das ich Dir danken muß. Die Zeichnung der Stuben, o wie glück- lich machte mich die! Dauerte lang, eh ich mich darin orientierte, ach; bin manchmal so entsetzlich dumm, daß ich mich vor mir selbst fürchte — in Rudolstadt konnt ich noch den letzten Morgen meine Stube nicht allein finden — aber wenn ich’s einmal weg habe, dann ist’s auch prächtig, und so ist es jetzt mit Deinen Zimmern. Bist nicht mehr allein darin, Li geht allerwegens mit herum, sitzt ein wenig hinter Bill am großen Arbeitstisch und wartet geduldig, bis er das Blatt umwendet, ach, nun eben so geduldig nicht, aber ist doch ruhig und macht keine Unart. . . . Nein, Li verlernt nicht das kindische Wesen, ich dächte, Du merktest es an ihren Briefen, spielt nur hier par ennui eine solide, vernünftige Person. Es ist sonderbar, Wilhelm. Über einen guten Einfall, über eine närrische Geschichte oder eine auffallende Verzerrung an den Menschen kann ich wohl noch manchmal lachen, aber es kommt mir auch nicht die fernste Anwandlung zu einem kindischen Streiche. Überhaupt fühl ich mich, selbst in Gesellschaft, die ich liebe, anders wie sonst. Ich will nur den Koadjutor nennen. Es ist nicht, wie es war, ohne daß ich fest zu sagen wüßte, an was es liegt. — Schade, daß ich noch zu keinem recht interessanten Gespräch mit ihm kommen konnte. Die Mainzer Menschen belagern ihn so. — —— — Mein süßes Leben, lebe wohl. Deine Li. 274