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[   Band 1 Brief 80:    Humboldt an Caroline    [Berlin], Sonntag, nachts gegen 1 Uhr, 3. Oktober 1790   ]


arme Mädchen ist sehr unglücklich. Ihre Leidenschaft ist gewachsen,
und es ist ihr gewiß geworden, nichts hoffen zu können. Sie
nimmt sich aber sehr fein und hübsch. Sie vermeidet mich eher,
statt mich aufzusuchen, und will auch nicht, daß Minette mit mir
von ihr reden soll. Sie näht mir ein Paar Manschetten, eine so
mühsame Arbeit, wie Minette sagt, als es nur möglich ist, sich zu
erdenken, so ein Muster hat sie gewählt, aber ich soll nicht wissen,
wenn ich sie bekomme, daß sie von ihr sind. Sie tut mir innigst
leid. Aber was soll ich tun? Gern wollt ich sie öfter sehen, auch
allein. Aber ich weiß aus Erfahrung, daß das es nur doppelt
schlimmer macht. Es ist wirklich ein unglückliches Schicksal für das
Mädchen, in ihrer ersten Liebe das dulden zu müssen. Das einzig
Beruhigende für mich ist, daß ich auch schlechterdings zu dieser
Neigung keine Veranlassung gab, worin ich sonst eben nicht sehr
vorsichtig war, weil es mir immer so unmöglich vorkam, daß ich
jemandem so gefallen sollte, wenn ich es nicht recht künstlich darauf
anlegte. — Das Bild ist also durchgefallen. Das tut mir in der
Tat leid. Es wäre in mancher Rücksicht besser gewesen. Für uns
kann’s die Folge haben, daß Papa nicht zu uns zieht oder doch
nicht so bald. Denn er müßte dann doch, wenn er nicht mehr den
Winter in Erfurt zubrächte, dem Bilde mehr geben, und das wird
er nicht wollen. Das Bild selbst verliert auch sehr dabei. Als
Stiftsrat wäre es so recht in seiner Sphäre gewesen. Wenig zu
tun, ein gutes Gehalt, ein kleiner Ort, in dem er zu den Ersten
gehört hätte, und gewiß viele Leute, die Vergnügen daran gefunden
hätten, ihm zuzuhören. Daß Du das jetzt mußt, Du arme süße Li!
O! trag es nur noch die Zeit über, es ist ja so lang nicht mehr.
Aber dann mußt Du Bill hören. Doch den kannst Du bald zum
Schweigen bringen. . . .
Lebe wohl!

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