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[ Band 1 Brief 58: Humboldt an Caroline [Berlin], am 21. Juni 1790, nach 12 Uhr ]
58. Humboldt an Caroline [Berlin], am 21. Juni 1790, nach 12 Uhr abends Über unsre Aussichten für künftigen Sommer bin ich ruhig, weil Du mit der Gewißheit davon sprichst. Ob Halber- stadt oder Magdeburg unser Aufenthalt sein soll, ist mir ganz gleich und hängt immer allein von Dir ab. Ich brauch ja nur Dich, meine Lina. Setz mich hin, wo Du willst, nur nie fern von Dir, ewig an Deiner Seite, und mein inniges, hohes Glück wird kein Ausdruck messen. Ach! Du wirst mir recht oft verzeihen müssen, wenn ich werde ewig um Dich sein wollen, wenn mein Blick so sehnend bittend bald ein Wort der Liebe, bald eine Um- armung von Dir fordern wird. Aber nicht wahr, man kann ja nicht eigentlich fordernd sein, wenn der andre so gern gibt? . . . Aber ich sollte von unseren Plänen reden. Was die Regierung in Halberstadt betrifft, so laß die Leute immer einfältig sein. Daraus mache ich mir nichts. Allein Papa mag entscheiden, wenn Du nicht willst. Er muß überhaupt die Idee verlieren, daß ich eigen- sinnig wäre. Gott weiß, wie er dazu gekommen ist! Denn im Ernst, Lina, bin ich wohl eigensinnig? Gegen Dich freilich kannst Du das nicht beurteilen, wie könnte ich’s gegen Dich sein? Aber Du hast mich doch auch mit andern, mit Papa selbst gesehen? Wahrscheinlich hat ihn bloß die Weimarsche Reise auf die Idee gebracht. Es tut mir recht leid. Daß das Sternbild *) an den Zeitzischen Himmel versetzt würde, hielt ich für sehr gut. Die Aus- sichten im Mainzischen sind doch sehr ungewiß noch. Und mir wäre es recht lieb, wenn nun Papa mit uns wohnen wollte. Er sollte dann schon sehen, daß ich nicht eigensinnig bin. Wirklich, liebe Lina, es würde mich wenig kosten, mich auch in Papas Launen zu schicken, und er hat gar so viele nicht. Und ihn allein zu lassen, ginge schlechterdings nicht. Er liebt Dich doch wirklich so sehr, und ——— *) Siehe S. 142. 170