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[   Band 1 Brief 55:    Caroline an Humboldt     [Burgörner], Sonntag morgen, den 13. Jun. 1790   ]


gezogen, hinterher die königliche Witwe mit Läufern und Gefolge,
voran der Sieger mit seinem Volke, neben dem Sarge zwei Läufer
mit brennenden Fackeln, die Carl erst aus den Wachslichtern ge-
knetet hatte, und die Zuschauer des Leichenbegängnisses waren die
Magots, die, wie Du weißt, in großer Menge auf dem Kamin
stehen und die wir umhergestellt hatten, und wir, die bald vor
Lachen zerplatzten. — Ach, wir hätten was drum gegeben, Carl
und ich, wenn Du und Caroline bei der Feierlichkeit hättet zu-
gegen sein können, in der Hoffnung, daß Ihr ebenso kindisch ge-
wesen wäret wie wir.


56. Caroline an Humboldt    [Burgörner], den 16. Jan. 1790, morgens

Ich war nicht ganz wohl gewesen gestern und hatte mich
frühzeitig zu Bette gelegt, da kam noch Dein Brief, mein
Wilhelm; o! und mir ward leichter und besser, wie ich
nur die Züge Deiner lieben Hand sah. Die Schmidtin lachte und
sagte, »nun wäre wohl das Kopfweh vergangen«, und so war es
auch. Die arme Schmidtin — es ist ihre größte Freude und Leid,
wenn sie mir Deine Briefe bringt und selbst keine von ihrem
Wilhelm hat. Laß Dir erzählen, wie drollig — der Schmidtin ihr
Liebhaber heißt auch Wilhelm, und ich habe es nie über mich ge-
winnen können, ihr in Erfurt meine Erlaubnis zu irgend einem
Spaziergange oder dgl. mit ihm abzuschlagen, à l’honneur du nom.
Sie ist pfiffig genug, es zu merken, und ich bin hier die Vertraute
ihrer Korrespondenz. Du müßtest doch lachen, wenn Du mich die
orthographischen Fehler ihrer Briefe — denn gegen den Inhalt
habe ich protestiert und ihr gesagt, wenn man sich liebte, sei alles
gut und schön, was man sich schriebe — korrigieren sähest. Ich
lache mich selbst aus, und meine Hand zittert, wenn ich von ihrem

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