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[ Band 1 Brief 54: Caroline an Humboldt Burgörner, den 10. Juni 1790 ]
kommen haben, hat sie nie gehabt, ganz das Gegenteil, und in ihrem Anzug hat sie sie noch nicht, denn sie kauft Kleider und Wäsche, als dächte sie 100 Jahr alt zu werden. Ich habe viel Papier mit der Madame verdorben, aber es war nötig, Dir eine Explikation darüber zu geben, denn Papa wird Dir gewiß auch von dieser Angelegenheit hier sprechen — vielleicht eröffnet sich Madame auch gegen Dich — sie honoriert Dich gar sehr ihrer hohen Protektion und sagt gegen alle Leute, die mir zu meiner Heirat gratulieren, »car c’est uns affaire convenue«, und Papa hat sich auch schon so in Geduld hineinbegeben, daß er die Komplimente mit einem air de contrition annimmt, daß Du ihre Approbation habest et que j’avais fait à tous Egards un Choix raisonnable dans lequel n’entrait point de passion. Auf dies letzte appuyiert sie immer so närrisch, mir ist’s immer zum totlachen, daß Madame und Deine Mutter und Papa selbst glauben que nous nous marions par pure raison. Es putzt sich mancher mit geborgten Federn. Aber die Schmidtin ist pfiffiger wie sie alle. Wenn sie manchmal in mein Zimmer kommt und ich bemerke sie nicht gleich, oder sie glaubt mich sonst nicht ganz heiter zu finden, so stimmt sie gleich ein Lied an, das sie bei mir gehört hat. Ach was ist die Liebe Für ein süßes Ding usw. Ich muß es Dir einmal schicken für Jetten. Es ist so hübsch. Oder: »Meine Ruh ist hin —«, denn die Schmidtin hat auch den Faust gelesen. Ich werde sie wohl nicht mit uns nehmen. Es würde Papa zu leid tun, da er sehr an sie gewöhnt ist. Unsre Wirtschaft ist ein Spaß zu führen, besonders da ich viel von wenig Leuten halte. Ich habe Papa seine Wirtschaft einige Jahre ge- führt, bis meine Gesundheit so wankend wurde. Was ist denn auch ein Haushalt von fünf oder sechs Menschen — einer Landwirt- schaft könnt ich in meinem Leben nicht vorstehen, mit dem besten 159