< zurück      Inhalt      vor >                                          
[   Band 1 Brief 47:    Caroline an Humboldt     [Erfurt], den 1. Mai 1790   ]


habe auch 1800 Taler gehabt, als er sich verheiratet, und obgleich
er auf dem Lande gewohnt, habe er es dennoch sehr genau ein-
richten müssen, um auszukommen und dergleichen mehr. Aus der
Art, wie er mir sagte, daß er mit meiner Mutter bei seiner Ver-
heiratung 500 Taler bekommen habe, schließe ich, daß das ungefähr
die Summe ist, die er mir auch bestimmt; ich werde es schon künftig
näher erfahren. Papa rief mich kurz darauf wieder zurück und
fragte, ob von Deiner Mutter durchaus nichts zu erwarten wäre.
Ferner trug er mir auf, Dir zu sagen, wenn es möglich sei, solltest
Du Dich doch dem König in seinem Zimmer präsentieren lassen,
da es wider die Etikette sei, daß es am Hof geschehe; als der
Sohn seines alten Freundes *) könnest Du vielleicht diese Gnade er-
halten, und das würde Dir ein Relief beim Großkanzler **) geben.
Ich muß Dir schon alles schreiben, mein Wilhelm, was Papa
sagt, damit Du gelegentlich darüber ein Wort in Deinen Briefen
an ihn berührst und er sieht, daß wir suivant lui, auch räsonnable
sind. Nichts macht die Menschen empfindlicher, als wenn man
klein hält, was sie groß achten. Selten verzeihen sie einem das.
Papa wunderte sich, daß Du in Deinem letzten Briefe an ihn
nichts von diesem Plan berührt habest. Ich antwortete, daß ich
Dich genug zu kennen glaubte, um ihm zu versichern, daß dies eine
Delikatesse von Deiner Seite sei, welches denn Papa auch dankbar
empfand und mir sagte, ich sollte Dir schreiben, Du möchtest Dich
künftig gar nicht mehr mit ihm genieren, ihn als Deinen eignen
Vater betrachten und glauben, daß er in allen Deinen Propositionen
nur den Wunsch meines und seines Glücks sähe, das freilich darin
sehr bestände, sich nicht so weit von mir zu trennen, um mich recht
oft bei sich zu sehen. — Für eine erste Konversation war diese

———
*) Der Vater Humboldts war als Kammerherr des damaligen Kron-
prinzen dem König Friedrich Wilhelm II. freundschaftlich nahe getreten.
**) Damaliger Titel des Justizministers.

                                                                       141