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[   Band 1 Brief 38:    Humboldt an Caroline    [Berlin], 2. April 1790   ]


Mama weder das Zeremoniell, noch das Konzeptabschreiben liebt,
nicht notwendig. Willst Du mir, wenn ich von Dir von Burgörner
zurückkomme, einen Brief mitgeben, nun gut. Aber, daß ich das
Konzept machen soll? Hast Du je gehört, daß der futur maitre
et seigneur auch sécrétaire ist? Daß ich Mamas künftige Briefe
aufbreche, erwarte nicht. Sich mit den Depeschen so mächtiger
Potentaten als die Mamas sind, zu befassen, ist äußerst gefährlich.
Lebe wohl, meine einzige, ewig geliebte Lina! Es ist doch jetzt
kein Augenblick mehr, in dem ich Deiner nicht denke, o! und wie
denke! mit der Glut! mit dem bezaubernd beseligenden Gefühl, aber
auch mit der verzehrenden Sehnsucht! Leb wohl!


39. Humboldt an Caroline                      Berlin, den 9. April 1790

Gott, sich Dir eigen zu denken, wer vermag die Wonne
dieser Idee zu fassen wie ich! Auch in mir wird noch
manche Blüte erst in Deiner Nähe sich erschließen. Manch-
mal freue ich mich ordentlich, daß Du mich nur so wenig sahst.
Du mußt doch noch vieles Neues in mir finden, und es wird Dir
Freude machen, es aufzusuchen. Eine Übereinstimmung wie die
unsre finden wir nicht wieder auf Erden. Du so innig, so in Dich
gekehrt, so genießend nur in Dir und durch Dich, und in mir das
gerade ebenso. O! wenn ich Dir bin, was Dein Herz fordert, wenn
ich Dich ganz zu füllen, Dir alles zu sein vermag, dann begehre
ich keine andere Freude mehr. Still und ungekannt werden wir
nur uns leben, in uns und unsern Gefühlen einen Himmel von
Freuden finden. Nur für so ein Leben bin ich gemacht. Vielen
etwas zu sein, mich vielen mitzuteilen, ist mir nicht möglich. Über-
haupt wird es mir so schwer, etwas aus mir in andere übergehen

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