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[   Band 1 Brief 39:    Humboldt an Caroline    Berlin, den 9. April 1790   ]


zu lassen. Alle meine Ideen, auch über ganz allgemeine Dinge,
sind so innig mit allem, was mir lieb ist, verwebt, daß sie dadurch
einen so großen Wert für mich erhalten, daß jede Gestalt, die ich
ihnen geben könnte, mir nicht vollkommen genug ist, und von der
Kränkung, die ich empfinde, irgend eine Idee, die mir wert ist, nicht
in der Entwickelung oder in der Präzision zu sagen, in der sie bei
anderen eben den Wert erhalten kann, den sie in mir hat, kann ich
Dir keinen Begriff geben. Und das ist nicht Eitelkeit in mir, das
fühl ich, es ist bloß Wirkung der Liebe, die ich für die Idee habe.
Ich habe so viel in mir gelebt, habe mir zum Teil so eine Ideen-
welt geschaffen, daß mir manchmal vor Schwärmerei bang ist. Darum
wünsche ich mir sehr einen älteren, erfahrenen, nicht eben kälteren
— denn oft kommt mir’s vor, als wäre ich sehr kalt, zu kalt, um
recht gut, selbst um recht glücklich zu sein —, aber mehr in der
Wirklichkeit lebenden Mann zum Umgang zu haben. Aber der ist
schwer zu finden, wenn man auch viel Geist und wenigstens ehe-
malige Wärme des Gefühls sucht. . . . Ich rede schon wieder von
mir. Aber das ist mein Fehler, selbst oft von mir zu reden und
andere am liebsten von sich reden zu hören.
Weil ich einmal von Menschen rede, liebe Lina, weißt Du
wohl, daß ich, ohne es beinah zu wissen, ein großes Unglück an-
gerichtet habe? Ein armes, junges Mädchen hat sich in allem Ernst
in mich verliebt, und nun weiß sie so wenig, was sie mit sich selbst,
als ich, was ich mit ihr anfangen soll. Es ist ihre erste Liebe, und
eine Zeitlang war sie wirklich recht unglücklich. Sie sprach nie von
mir, ohne zu weinen. Unbegreiflich ist mir’s, wie dies in ihr ent-
standen ist. Alle, die sie bisher kannten, und ich selbst, sahen in
ihr nichts, als eine überaus große Fröhlichkeit, eine ewige Lust zu
lachen, wär’s auch über nichts. Wie ich da nun den Eindruck auf
sie gemacht habe, ist desto wunderbarer, da ich sie nur ein paarmal
gesehn und mich sehr wenig mit ihr beschäftigt hatte. Eigentlich

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