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[ Band 1 Brief 29: Humboldt an Caroline [Berlin], 2. März 1790 ]
Kapitel über die Schwiegersohnspflichten. Das Warten bei der Heirat findet sie nicht hübsch. Sie meint, man könne ja mit Ökonomie leben, und daß es möglich sei, als Referendarius zu heiraten, belegte sie mit Beispielen aus der alten und neuern Ge- schichte. Nur freilich, sagte sie, müsse Papa disponiert werden, es in Absicht der äußern Lage möglich zu machen. Was ich über das alles denke, ein andermal. Freilich das Warten wird schwerlich gehen. Nun lebe wohl, meine teure liebe Seele! O! Gott, wie Du allein, Deine Liebe meinem Herzen so alles ist, wie es nichts mehr als das bedarf. 30. Caroline an Humboldt [Erfurt], Mittwoch, den 10. März 1790 Über acht Tage hat mein erstes Blatt wieder müssen liegen bleiben. Die Nacht darauf, daß ich den beiliegenden Brief an Carln geschrieben hatte, bekam ich wieder meine ge- wöhnlichen Brustschmerzen, die diesmal noch empfindlicher und an- haltender waren wie sonst. Doppelt habe ich gelitten durch den Ge- danken, daß Du und Caroline wieder so lange ohne Nachricht von mir bleiben mußtet, und doch konnte ich unmöglich schreiben. Die Emp- findung, die ich in der Brust hatte, war, als ob man mir ein glühendes Eisen durchgezogen hätte, und bei der geringsten Beugung vermehrte sich die Spannung so, daß es mir an Atem mangelte. Nun geht es etwas besser. . . . . Ich will das Beste hoffen, o die Zukunft wird mir geben, was gut ist, möge sie mir eine dauernde Gesundheit bringen, die schönste Blüte des Lebens geht ohne sie verloren. — Wenn die besten Kräfte des Geistes darauf verwandt sind, den Schmerz zu bekämpfen, so verliert die Seele ihren süßesten Genuß, die schöne Fülle, mit der sie die Gegenstände umfaßt, aus 99