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[ Band 1 Brief 26: Caroline an Humboldt Erfurt, den 21. Februar 1790 ]
schreiben, Du antwortest doch Lotten bald? Es wird sie sehr freuen. Tue es mir zu Gefallen. Montag Heut also der so lang beschlossene Tag von Schillers Ver- bindung — meine Seele ist ihnen in diesen Momenten sehr nah. Ich bin mit Schillern in diesen Tagen des Zusammenseins sehr vertraut geworden. Eine große Feinheit ist doch in seinem Charakter verwebt, alle Bewegungen seiner Seele sind mild und graziös, und es entgeht ihm kein Laut eines geliebten Wesens. Caroline wird nur ein paar Tage bei mir künftigen Monat zubringen und in Jena bis zu den Osterferien bleiben, wo sie Schiller und Lotte mit nach Rudolstadt nimmt. Sie hat ein eigenes Quartier in Jena genommen; so sehr ich gewünscht hätte, sie einige Wochen bei mir zu haben, so opfere ich doch gern meine Wünsche dem Besseren. — Mittwoch Ich mußte alle diese Tage immer so abgebrochen schreiben wegen meiner Brust, die mir viel zu schaffen macht. Es sind dies- mal keine Krämpfe, ich habe aber viel Blut ausgeworfen, doch gibt sich’s nachgerade. Diese Zufälle sind, glaube ich, mehr schmerzlich als gefährlich, wenigstens sind sie das letztere gewiß nicht für den Moment. Nunn *) verspricht sich viel für meine Gesundheit von einer Kur, die ich im Mai brauchen soll. Ich habe im ganzen wenig Glauben an diese trügerische Wissenschaft, wir wollen sehen, wie es geht, vernachlässigt werde ich gewiß nicht, dafür bürgt Dir Papas Ängstlichkeit, sei Du nur ohne Sorge, meine Seele. . . . Ja, Papa ist mir ein wahres Rätsel. Unsere Verbindung ist ihm so wenig gegenwärtig, als wenn sie erst in zehn Jahren geschehen sollte. Wenn er je davon spricht, so ist es, um das Geheimhalten zu empfehlen. Caroline hat auch nicht aus ihm klug werden können. Beckern wird es sehr freuen, wenn Du ihm schreibst. Sein An- ——— *) Andreas Nunn, Arzt, Professor der Medizin. 93