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[ Band 1 Brief 26: Caroline an Humboldt Erfurt, den 21. Februar 1790 ]
26. Caroline an Humboldt Erfurt, den 21. Februar 1790 Caroline ist heute mittag fortgereist. Ich hätte sie so gern nach Jena begleitet, um bei Lottens Hochzeit gegenwärtig zu sein und den Familienennui zu mindern, aber meine Gesundheit machte es unmöglich. Ohne Carolinens Gegenwart wäre ich gewiß die vorige Woche krank geworden, aber ihr süßes Dasein, die Nähe ihres lieben Wesens hielten mich aufrecht. . . . . Ich bin wehmütig gestimmt, aber es ist eine süße, stille Trauer, die über mein Wesen ausgegossen ist, Carolinens Abschied — o ich fühle, daß mein Herz wund ist, warum sollte ich es vor Dir verbergen. Viel hätt ich darum gegeben, den Augenblick, dem sie entgegengeht, mit ihr teilen zu können, aber mein Vater hätte mir nicht erlaubt, mich der Reise auszusetzen. Ich ahnde die Bewegung ihrer Seele bei dem Schritt, der für ihr Leben immer entscheidend sein wird. — Ewige Güte über uns, wie verschlungen hat dieses das Schicksal, wer möchte sich aus diesem Labyrinthe finden, der die verschlungenen Wege nicht mitgegangen wäre — Du wirst es freund- lich auflösen! — Ja meine Seele ist voll dieser süßen Hoffnung. Lottes Stimmung ist leicht und heiter, Schiller hat seine Lage, sein schweres, vielleicht einziges Verhältnis gegen beide ganz durchschaut. Ich habe mich bei seinem Hiersein davon überzeugt. Carolinens Ruhe gründet sich auf die Zufriedenheit, das Glück ihrer Schwester, — die Zeit muß das ausreifen. Lotte hat mir diesmal besser ge- fallen, sie ist doch ein sehr gutes, weiches Wesen, und mit einer feinen, guten Behandlung wird sich noch manches aus ihr machen lassen. Da es ihr an eigenem Charakter fehlt, ist es so am besten, sie wird die Eindrücke annehmen, die man ihr gibt, und es wird leicht sein, ihr einen Wirkungskreis zu schaffen, in dem sie sich ihrer Tätigkeit freut. Schiller, Lotte und Caroline grüßen Dich herzlich. Caroline läßt Dir sagen, sie würde Dir in wenigen Tagen selbst 92