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[   Band 1 Brief 11:    Humboldt an Caroline    Göttingen, den 20. März 1789   ]


seid; allein ich möchte doch genau wissen, worin nun gerade meine
Art der Schwärmerei besteht, worin sie sich äußert. Ich weiß
sonst nicht recht, wie ich ihr entgegenarbeiten soll. Sonderbar ist
es, daß man mir ehemals immer den Vorwurf der Kälte und
Fühllosigkeit machte, und mit Recht. Ich denke gern darüber
nach, wie unerwartete Wendungen der Charakter oft nimmt. Aber
zugleich macht es mich traurig. Denn so wie er ehemals unvor-
hergesehen eine andere Richtung erhielt, so kann er sie auch jetzt
noch erhalten. Und bedenkt man nun, wie das alles weit mehr
aus Lagen und äußern Umständen fließt, als aus dem, was in uns
ist, so ist es eine sehr niederschlagende Betrachtung. Das einzige,
was mich beruhigt, ist, daß es doch eine gewisse Festigkeit des
Charakters gibt, die, wenn man sie einmal erlangt hat, jenen zu-
fälligen Umständen nicht mehr stark zu wirken erlaubt. Oft glaub
ich nun diese Festigkeit erlangt zu haben, aber vom Glauben bis
zur Gewißheit, welche ungeheure und für Menschen wahrlich un-
überspringbare Kluft!
Du wünschest die Briefe der Forster zu lesen. Ich schicke
Dir, soviel ich habe. Sie enthalten keine Geheimnisse, wohl An-
spielungen, die Dir aber nicht einmal verständlich sein können.
Aber ich schicke sie Dir nur unter zwei Bedingungen, erstlich, daß
Du mir Dein recht ausführliches Urteil darüber sagst, und dann
versteht sich’s, schicke ich sie nur Dir und Caroline. Ich gestehe
Dir, mir sind diese Briefe unendlich wert, ich habe ein Studium
daraus gemacht. Man kann das und muß es. Sie sind so ge-
dankenvoll, und doch ist sehr vieles darin nur halb richtig, manches
ganz falsch.
Oft kostet es auch Mühe — doch ist das freilich mehr nur
für den, der sie kennt — eine Stelle mit ihrem Charakter, oft eine
Stelle mit der andern zu reimen. Nicht immer gibt sie die Ver-
bindungen der Ideen an, diese zu finden hat viel Interessantes.

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