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[ Band 1: Einleitung ]
bevor sie einander Aug in Auge gegenübertraten. Das »Du« verband alle Mitglieder, eine Chiffreschrift ward erfunden, Statuten festgesetzt, und das tiefste Geheimnis verlieh dem Bunde noch den Reiz besonderer Wichtigkeit. Fast gleichzeitig ward auch Wilhelm v. Humboldt von Henriette Herz in den Bund aufgenommen. Auch ihm war es damit heiliger Ernst, und er glaubt sich zunächst dieser Ehre gar nicht würdig. Seinem scharfen, kühlen Verstande hielt ein weiches, glühendes Herz das Gleichgewicht, und mehr noch als seinen Zeitgenossen, die alle dem Kultus der Individualität huldigten, war es ihm von früh auf eigen, Menschen zu studieren. »Ich hatte«, äußerte er später selbst, »eine Art von Leidenschaft, interessanten Menschen nahe zu kommen, viele zu sehen, und diese genau, und mir in der Seele ein Bild ihrer Art und Weise zu machen. Die Hauptsache lag mir an der Kenntnis. Ich benutzte sie zu allgemeinen Ideen, klassifizierte mir die Menschen, verglich sie, studierte ihre Phy- siognomien, kurz, machte daraus, so viel es gehen wollte, ein eigenes Studium.« Dieser Neigung, tief in das Wesen anderer einzudringen, ent- sprachen die Absichten der Verbindung in vollkommenster Weise. Wie wichtig, wie ernst ihm die Ziele des Bundes waren, zeigt sich unter anderem in dem Brief aus Paris vom August 1789, wo er die weltbewegenden politischen Ereignisse kaum erwähnt, aber in der Erinnerung des Zusammenseins und der Hoffnung auf noch innigere Seelenvereinigung schwelgt. Auch Humboldt und Caroline v. Dacheröden begannen ihren intimen Briefwechsel, ehe sie einander noch erblickt hatten. Es sind durchaus Empfindungen der Freundschaft, die anfangs beide bewegen, denn zwischen Caroline und Laroche bestand, wenn auch kein ausgesprochenes Verlöbnis, doch die Idee einer der- einstigen ehelichen Verbindung, die Humboldt nicht unbekannt XVIII