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[   Band 1 Brief 3:    Caroline an Humboldt     Burgörner 1788, den 24. August abends   ]


du einst entbehren, und keine Rückerinnerung dieser namenlosen
Freuden wird in Dir aufdämmern — so versank mein Geist in
tiefe Trauer, und ich weinte oft im Genuß der reinsten Wonne
die Träne des Schmerzes. —
Leb wohl, o mein Wilhelm, habe tausend Dank für Dein
Kommen, für die glückseligen, ewig unvergeßlichen Augenblicke, die
wir zusammen gelebt haben. Meine Seele ist bei Dir, und mein
Herz umfaßt das Deine mit glühender Liebe.


4. Caroline an Humboldt              [Erfurt], den 2. November 1788

Ich danke dem Himmel, daß ich endlich aus der Unge-
wißheit gerissen bin, in der ich um Dich schwebte, mein
Wilhelm. Es ist so traurig für ein liebendes Herz, nicht
einmal zu wissen, wo es sich seine Geliebten denken soll, und das
war mein Fall. Bei Deiner Zurückkunft nach Göttingen wirst Du
vermutlich die drei Briefe finden, die ich während dieser Zeit
schrieb, zwei durch unsre Schw — — und einen in einem zeig-
baren von den letzten Tagen des September aus Auleben.
Lieber! Mein ganzes Herz hat für Dich gelitten, daß Du
nicht nach L. gedurft hast — Du Armer mußt Dich so lang ohne
Erquickung unter den fremden Menschen herumtreiben, o ich weiß,
was das ist, aber harre geduldig aus, eine schönere Zukunft er-
wartet dafür Deiner als Carl und mich — und fühlst Du nicht
auf den einsamen Wegen, die Du noch jetzt gehst, das Wehen
unserer Liebe, die Dich geleitet? — Mögest Du immer die Nähe
unsrer Seele, der meinen, empfinden; aus eigner Erfahrung weiß
ich, daß dies auch in den trübsten Momenten Trost ist.
Ich hatte, seitdem ich Dir nicht schrieb, Stunden unendlicher
Freude und Trauer. Carl war bei mir. Ich habe Dir mit den

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