< zurück Inhalt vor >
Caroline an ihre Tochter Gabriele Berlin, 30. Oktober 1828 Wie eine Kleinigkeit einem die schwer errungene Fassung in jedem Augenblick nimmt, erfahre ich hier jeden Tag. Ach, meine Gabriele, wir sind den 27. nach dem Essen hereingefahren und gestern und vorgestern habe ich viel mühseliges Auseinanderwirren der weggestellten Sachen, Wäsche, Bilder und Hausgerät gehabt. Wenn ich’s auch schon nicht selber tue, so gebe ich’s doch an und ordne das Hinstellen im Ganzen. Heute öffnete ich Deinen sogenannten Brotschrank, um zu sehen, ob man etwas von Deinen Kleinigkeiten hineinlegen könnte, und das erste, was mir in die Hände fiel, waren Zettel von mehreren Weihnachtsfesten her mit den Namen der Kinder und einiger anderer, wie z. B. Eichler, der mit uns gewesen war. Ich konnte mich des lauten Schluchzens nicht enthalten. So all die Tage, wo ich vor Kramen und innerem Unwohlsein kaum zu mir selbst gekommen bin, aber wenn die Essensstunde kommt, es ist mir, als müßten die Kinder hereintreten, Linchen auf Winkels Arm, die beiden anderen so dick in ihre Mäntel und Schals eingepackt, daß sie wie kleine Tonnen aussahen und man nicht schnell genug sie ausschälen konnte — alles ist hin! Gott, es war meines Lebens Freude und beste Hoffnung! Verzeih, daß der Schmerz mich so übernimmt. Es war nicht mein Wille. Mit meiner Gesundheit will es nicht recht fort . . . ——— Viel ernster war der Zustand Frau v. Humboldts, als sie es der fernen Tochter eingestehen wollte. Im Dezember bestätigte der Arzt Humboldt, daß er das Leiden für hoffnungslos ansähe. Ein erneuter Schmerzen- und Schwächeanfall bringt der Kranken selbst die Gewißheit, daß sie nicht ge- nesen würde, und tiefbewegt schreibt Humboldt den Kindern Hedemann, die zu Weihnachten erwartet werden: 339