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[ Band 7 Brief 128: Caroline an Humboldt Berlin, 14. April 1826 ]
Die Angelegenheiten der Griechen und Missolunghi *) scheinen zu einer großen Entscheidung zu stehen. Zwar ist es meine tiefste und innerste Überzeugung, daß diese Nation nicht wieder unter das blutbefleckte Joch der Ungläubigen kommt, es komme wie es wolle, allein viel Elend könnte doch abgewandt werden. In der Stadt geht ein allgemeines Gerücht, daß die Hauptnegotiationen des Herzogs von Wellington diesen Gegenstand in Petersburg betreffen. Ich habe diese Woche das Werk eines Engländers, Blacquières, gelesen, ein einziger Band von 400 Seiten, sehr ernst, ohne alle Deklamation. Mein Entsetzen über diesen empörenden Krieg hat nur noch zugenommen. Zurück unter türkische Herrschaft können sie nicht. Es gibt Dinge, die eine moralische Unmöglichkeit haben, und dies ist eins. Was Du über den Verstand sagst, hat mich unendlich amüsiert. Es sind sehr feine Andeutungen darin, süßes Herz, die mir nicht entgangen sind. Es fehlt Dir aber keine Art von Verstand, ich möchte sagen, Du hast dessen nur zu viel, zu viel für das ge- wöhnliche hausbackene Leben, und darum schweifst Du zuweilen in ungewöhnliche Kombinationen aus. Die Anstalten mit Lautenschläger sind sehr amüsant. Jetzt möchte ich doch nicht mehr zu ihm raten, denn er ist unendlich stumpf geworden und sieht nicht scharf mehr. Daß Du mit Deiner Antipathie, dem Bier, in der alt-alt- adligen Familie so ankommst, hat mich sehr lachen gemacht. So en masse liebe ich es auch nicht, aber ein Glas, verstohlen geschluckt, ——— *) Die griechische Stadt Missolunghi hatte sich bereits 1821 gegen die Türkenherrschaft erhoben, kämpfte seitdem fortgesetzt um die Freiheit. Mangel an Lebens- und Kriegsbedarf nötigte die Besatzung, endlich am 22. April 1826 sich durchzuschlagen. Es gelang nur wenigen, und die in die Stadt Zurückgedrängten zündeten die Mauern an und sprengten sich am 25. April mit den eingedrungenen Türken in die Luft. 249