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[   Band 7 Brief 103:    Caroline an Humboldt     Berlin, 29. November 1823   ]


Er ist immer der alte, ein treuer Freund, und eine gewisse Jo-
vialität verläßt ihn nicht. Er denkt in wenig Tagen nach Magde-
burg zurückzugehen. Entweder, meinte er, reise er den 2. Dezember
oder könne es dann doch mit Bestimmtheit sagen, wenn eher
er reise.
Da Du im Programm der Vermählungsfeierlichkeiten mit
unter den Ministern, die die Fackeln tragen, aufgeführt warst, so
meinte Bülow und Flemming, müsse ich Deine Abwesenheit an-
zeigen, was ich getan. Demohngeachtet bist Du und ich auf heut
zum Abendessen bei S. M. dem König eingeladen worden, was
ich denn aufs neue habe entschuldigen müssen. Der Doktor meinte,
mit der Neigung zum Brustkrampf könne er es durchaus nicht er-
lauben, daß ich hinginge. Einmal habe ich ihn seit Deiner Ab-
reise gehabt, und zwar betraf es mich bei Gabriele. Es dauerte
zwar nur zwei Stunden, aber die waren sehr schmerzhaft . . .


104. Humboldt an Caroline               Burgörner, 1. Dezember 1823

Du glaubst nicht, wie viel ich zu schreiben habe. Es wächst
einem mit den Gütergeschäften ordentlich unter den Hän-
den. Gestern schien die Sonne sehr freundlich. Heut
war der Himmel sehr wunderbar, vorzüglich gegen Abend. Es
war windiges Wetter und der ganze Himmel voll schwerer Wolken,
die aber nur im Abend unbeweglich lagen, sonst hin und her
trieben, und gerade am Abend blieb ein schmaler lichter Streif
vom Horizont, durch den die Strahlen der Abendsonne schossen.
Dazwischen lag nun das ganze Tal in einem schauerlichen Dunkel.
Ich stand sehr lange auf dem Lindenberg und kann Dir nicht
sagen, wie mir immer das Herz aufgeht, wenn ich alle Tage einen

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