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[ Band 7 Brief 95: Humboldt an Caroline Weimar, 12. November 1823 ]
daß es damals und in der Jugend besser war; es ist nur anders. Ich bin jetzt so glücklich durch Dich, durch die Kinder, durch mich selbst, daß mir nicht nur nichts abgeht, sondern daß ich manches Ungemach, wenn es nur nicht dich und die Kinder betrifft, ohne Mühe tragen und gegen das übrige Glück aufwägen könnte. Mit mir selbst bin ich sogar jetzt wohl eher zufrieden, als wie ich mich nach der Erinnerung an tausend kleine Umstände von damals her besinne. Es gab damals Zeiten, wo ich recht unleidlich war, und ich be- wundere noch oft im Stillen und danke es Dir, daß Du das und mich mit vieler Nachsicht getragen hast. Also nicht gerade glück- licher nenne ich jene Zeit, aber darin war sie eigentümlicher und auch besser, daß wir größeren Menschen näher standen und täglich mit ihnen umgingen. Wenn es jetzt auch gleich merkwürdige gäbe, kommt man nicht so leicht mehr mit ihnen nahe zusammen. Die Jugend hat natürlich etwas, das sich leichter anschließt. Goethe wird seine Wahrheit und Dichtung nicht weiter fort- setzen, und die Champagne wird das letzte bleiben. Aber er hat eine Chronik seines ganzen Lebens von Jahr zu Jahr, oft von Monat zu Monat ausgearbeitet, wo er die verschiedenen Epochen in verschiedener Ausführlichkeit behandelt, und die wohl in einiger Zeit erscheinen wird. Es ist unglaublich, wie viel er sich mit dem Aufsuchen, Ordnen, Redigieren aller alten Papiere beschäftigt. Sogar, was man im »Morgenblatt«, der »Literaturzeitung« und früher in der »Frankfurter Zeitung« hat abdrucken lassen, wird aufgesucht und zusammengeschrieben. Motz hat hier einen Neveu, mit dem ich ehemals in Ge- schäftsverbindung stand. Von diesem erfahre ich, daß er die Kronprinzessin *) bis Berlin begleiten, aber den 10. Dezember, doch nicht eher, in Magdeburg zurück sein wird. Eher werde ich also ——— *) Prinzessin Elisabeth von Bayern, geb. 1801, † 1873, vermählt 1823 mit dem Kronprinzen, nachmaligem König Friedrich Wilhelm IV. 176