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[   Band 7 Brief 84:    Humboldt an Caroline    Tegel, 17. August 1823   ]


wirst also recht früh zu Bett gegangen sein. Der Weg soll
schlecht sein, aber sonst muß Marienbad wenigstens den Reiz der
Neuheit für Dich haben, das ist immer etwas. Auch sind wohl
Goethe und der Großherzog noch da. Hier aßen heute Eichler,
Flemming und Olfers, nach Tisch kam Nicolovius.
Mein Wunsch wäre eigentlich, so wenig wie möglich Menschen
hier zu sehen. Ich habe fast diesen ganzen Sommer hindurch
nichts getan und möchte daher nunmehr arbeiten. Soviel das nun
vor den Besuchen angeht, tue ich es auch. Hermann hat auch schon
gesagt, es wäre gar kein rechtes Familienverhältnis jetzt hier. Das
bezieht sich aber nur darauf, daß ich allein frühstücke. Gelesen
haben wir bisher den Abend nicht. Nur neulich, wo ich mit
Gabriele ganz allein den ganzen Tag war, habe ich ihr das schöne
Lied von Herder vorgelesen: »Nenne nicht das Schicksal grausam«
usw. Ich fand es zufällig und kann Dir nicht sagen, geliebte
Seele, wie unendlich und so recht mit der Sehnsucht nach dem,
was nicht wiederkehrt, es mich in die süße Zeit unseres Zusammen-
seins kurz vor unsrer Heirat zurückversetzt hat. Es ist aber auch
an sich wundervoll, hübsch und tief und anmutig zugleich. Über-
haupt wird nicht leicht wieder ein Mann, wie Herder, geboren
werden. Er besaß ein ganz eigenes Talent, die Welt wie in ein
Bild der Phantasie umzuschaffen, und die Phantasie doch so dem
Gedanken und dem Gemüte nahezuhalten, daß beide nichts zu ver-
lieren glaubten. Wir haben leider nur noch einen Teil seiner zer-
streuten Blätter, und gerade den nicht, in dem jenes Gedicht steht.
Die beiden andern müssen in der Zeit verloren gegangen sein, wo
die Bücher im alten Flügel lagen. Ich fand das Gedicht aber in
einer Handschrift, die von einem Neffen Kunths herrührt, der
Prediger, ich denke im Magdeburgischen, ist, und über die Vor-
stellungen des Todes bei den Alten geschrieben hat. Dieser hat
unseres Parzenreliefs ausführlich gedacht, allein nicht gewußt, daß

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