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[ Band 7 Brief 65: Humboldt an Caroline Burgörner, 6. Mai 1822 ]
Pachtverhältnisse in Burgörner veranlaßten eine vierwöchige Ab- wesenheit Humboldts aus Berlin, während der er schreibt: 66. Humboldt an Caroline Magdeburg, 23. Oktober 1822 Ich schreibe Dir bei Motz, liebe Seele, und muß Dich daher um Entschuldigung bitten, daß es nur wenige Worte sein können und daß ich Sand gebrauche, was mein Horreur ist, überdies Klexe mache, was in meinen teuschen Tintenfässern gar sonst nicht der Fall ist. Ich habe heute früh sehr an Euch alle gedacht. Adelchens und Augusts Abschied wird Euch unendlich schmerzlich gewesen sein. Die gute, liebe Caroline weinte schon neulich darüber. So schön das Wiedersehen war, so war es doch immer kurz und ist doch auch nie ganz das, was das ruhige nicht von Besorgnis der Trennung gestörte Zusammensein ist. Ich bin gestern hier um 1/2 10 abends angekommen, also 16 Stunden auf die 20 Meilen und immer mit zwei Pferden gefahren. Motz besuchte mich gleich heute früh, und wir sind seitdem zusammengeblieben. Eben jetzt waren wir in der Domkirche. Sie ist doch sehr schön. Ich war seit der Zeit nicht darin gewesen, wo mich Kunth nach Göttingen führte. Ich habe damals noch von hier der Herz *) sehr zärtlich geschrieben und bin auf dem Fürsten- wall ganz sehnsuchtsvoll herumgegangen. Es schlägt zwei, wo man hier ißt. Ich bin einen großen Teil des Tages mit Francke gewesen, weil Motz ihn zum Essen gebeten hatte, und er hat mir fortdauernd sehr gefallen. Es ist mir aber recht merkwürdig gewesen, wie die Leute doch so an dem einzig hängen, was ihnen von Kindheit an das Größeste geschienen hat. So findet er den Dom in Magde- burg, der freilich das für sich hat, daß er vollendet ist, schöner als ——— *) Henriette Herz, geb. 1764, † 1847. Vgl. Bd. I, Einleitung. 115