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[ Band 7 Brief 11: Humboldt an Caroline Tegel, 5. Junius 1820 ]
Der arme Bernhardi *) ist nun wirklich tot, und Tieck **) kam gestern nicht mit Rauch, weil er beim Leichenbegängnis war. Das hat er indes bloß getan, um öffentliches Ärgernis zu vermeiden. Sonst ist er im höchsten Grimm. Denn Bernhardi hat in seinem Testament, das doch nun bei den Gerichten öffentlich wird, seine geschiedene Frau ganz namentlich und buchstäblich als eine Person charakterisiert, deren Ruchlosigkeit man alles zutrauen könne. Das heißt nun freilich auch, die Wut bis über das Grab mit hinübernehmen. Der übrige Inhalt des Testaments ist aber sehr erfreulich. So sind auch Tiecks Empfindungen über das Testament geteilter Natur, nur daß ihm das Testament alle Gelegenheit nimmt, mit über die Neveus zu regieren, ist ihm nicht recht. Rauch hat Tegel unendlich hübsch gefunden und lauter Plane zum Bauen des Hauses gemacht. Seiner Idee nach müßte das eigentliche Haus stehen bleiben wie es ist und zum Museum ein- gerichtet werden. Von Baufälligkeit hat auch Schinkel so im Herum- gehen nichts bemerkt. Vielmehr hat er die Güte gewisser Balken bewundert, die noch vom Großen Kurfürsten herrühren. 12. Humboldt an Caroline Tegel, 9. Junius 1820 Wir sind fast keinen Tag allein, liebe Li, und es wird mit der Gesellschaft beinah zu viel. Als ich Dir neulich schrieb, kam die liebe kleine Adelheid noch zum Mittag zu mir. Bald nach dem Essen erschien die Bernstorff ***), ihre Mut- ——— *) Aug. Ferdin. Bernhardi, geb. 1769, † 1820, Sprachforscher und Schriftsteller, 1799 mit Sophie Tieck vermählt, 1805 geschieden. Sophie schloß 1810 eine zweite Ehe mit einem Esthländer v. Knorring. **) Christ. Friedr. Tieck, geb. 1776, † 1851, Bildhauer. ***) Elise Gräfin Bernstorff, geb. Gräfin v. Dernath, geb. 1789, † 1867. 22