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[   Band 7 Brief 4:    Humboldt an Caroline    Tegel, 22. Mai 1820   ]


Daß Du Dich der Galerie wieder sehr freuen würdest, konnte
ich mir denken. Sie hat sehr schöne Sachen, und es ist das erste,
das man gesehn hat. Der Rafael bleibt doch auch einer
der allerschönsten, und mit dem sich nur wenige vergleichen lassen.
Die Bilder, wo so eine Figur fast allein vorwaltet, ergreifen
immer mehr, und man vertieft sich mehr in ihnen. Mit den
vielfacheren Kompositionen ist es schon anders. Die Kunst fließt
nicht so in dem Gegenstand zusammen, und man bewundert
sie mehr abgesondert. Daß gerade so ein Rafael in diesen
Norden gekommen ist, ist eine nie genug zu preisende Fügung.
Die, die so etwas kaufen können, bedenken gar nicht genug,
was sie damit für Jahrhunderte in den Menschen aufgehen
lassen.
Mein Leben ist hier wie in Berlin, nur mehr in der Luft,
und dann, daß ich Dich nicht habe, geliebte Seele. Doch sind die
Kinder sehr gut und lieb. Adelheid hat mir auf die Tage ihrer
Abwesenheit alles eingerichtet. August sagt, daß sie daran einen
halben Tag wie auf eine ordre de bataille studiert hat. Das
Kochbuch hat sie zu ferneren Meditationen mit nach Berlin ge-
nommen. Wir frühstücken gewöhnlich zwischen 7 und 8, dann
gehe ich meist ein paar Minuten auf den Berg. Nachher arbeite
ich bis 2. Um 2 essen wir, und nach Tisch gehe ich wieder auf
den Berg, dann arbeite ich bis gegen 7. Von da gehen wir bis
1/2 9 spazieren und trinken Tee bis 1/2 10. Bis 11 tue ich dann
noch etwas und stehe um 6 auf.
Lebe wohl, innigst geliebte Seele.
                                                    Ewig Dein H.

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