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[   Band 6 Brief 239:    Humboldt an Caroline    Berlin, 5. September 1819   ]


lich sehr natürlich, allein es macht doch seiner Natur auch viel Ehre.
Es sind nicht alle, vielmehr nur wenige Männer so, daß solche
Gefühle tief in sie eingehen. Daß es Mathilden *) so ungünstig mit
ihren Hoffnungen gegangen ist, wird ihm gar nicht recht gewesen
sein. Er hat eine Passion auf die Erhaltung des Namens. Das
ist nun gerade nicht so in mir. Ich halte mehr rückwärts als vor-
wärts auf die Namen. Ich wollte wetten, daß er Dir auch so
geredet hätte, daß wir ein Majorat stiften sollten. Er ist
ordentlich leidenschaftlich darauf versessen, was man ihm auch sagen
mag. Ich gestehe nun, daß ich gar nicht dafür bin. Die Töchter
habe ich wenigstens ebenso lieb als die Söhne, und es ist nicht zu
leugnen, daß sie dabei beträchtlich leiden. Wenn man Majorate
will, muß man auch die Töchter anders verheiraten, mehr so, wie
Stein selbst geheiratet hat, wenigstens ebensosehr auf die äußeren
Verhältnisse als auf die innere Neigung sehen. Alles in der
Welt hängt zusammen und jedes gehört mehr oder weniger einer
Zeit an, denn auch das Geistige hat seine Entfaltungsperioden wie
die physische Natur. Wenn man nun Verschiedenartiges aneinander-
reiht, geht es nie gehörig zusammen. Für Theodor selbst wäre es
gar nicht gut, reicher als seine Geschwister zu sein. Die Idee
selbst würde nachteilig auf seinen Charakter wirken.

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Den Abend war ich im Theater. Man gab Emilia Galotti.
Ich hatte das Stück in unendlicher Zeit nicht gesehen. Es zieht
doch an, wenn es auch weder erhebt noch rührt. Es ist ein fort-
gehender Witz, beständige Antithesen, die aber, was ein Verdienst
darin ist, nicht künstlich und gesucht erscheinen. Die Sprache
ist vielmehr im ganzen einfach und natürlich. Dabei ein sicht-
bares Streben, immer die Leidenschaft zu malen und zu schildern.
Witz und Leidenschaft machen eigentlich das ganze Stück aus.

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*) Theodors Frau.

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