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[ Band 6 Brief 226: Humboldt an Caroline Berlin, 30. Julius 1819 ]
wegen Goethen tun. Apropos! ich habe Goethen gesagt, daß Du Dein Manuskript über die spanischen Bilder wieder zu haben wünsch- test, nur auf sechs Monate, dann sollte er es zurückbekommen. Dies letzte habe ich versprochen, weil ich sonst nicht traue, daß er die Sache gibt. Wir lassen, wenn wir sie erhalten, eine Ab- schrift machen. Von Naumburg bis Potsdam bin ich ununterbrochen gefahren. Ich kam in Potsdam am folgenden Abend um 7 an. In Witten- berg aß ich den ersten Halling-Semmel wie Proserpinas Granat- apfel und gehöre nun dem Sande an. Auch haben mich alle Kienbäume sehr freundlich angesehen und en frère et compagnon trätiert. Man kann nicht sagen, daß sie schöner geworden sind, das erste Wiedersehen erregt mir immer eine Art Schauder. Da- gegen fahre ich immer gern in Potsdam herein. Die Sonne nahte sich sehr schön ihrem Untergange. Man sieht es doch dem Ort an, daß ein großer Mann ihn bewohnt hat. Ich besuchte die Türk, dann ging ich zu Graf Voß *) und Präs. Bassewitz, fand aber keinen. Dennoch blieb ich die Nacht in Potsdam. Ich wollte nun einmal vollkommen à tête reposée und mit gehöriger Überlegung meinen Einzug in Berlin halten. Am Morgen besuchten mich alle, die ich den Abend vorher nicht gefunden hatte. Hier kam ich gegen Mittag an. Ich wohne sehr hübsch. . . . Gestern vormittag sah ich Kunthen und Boyen. Kunth ist verjüngt und schüttelt weniger mit dem Kopf. Boyen war außer- ordentlich freundschaftlich. Nach Tisch ging ich zur Berg und Voß **) ——— *) Otto Karl Friedrich Graf von Voß, geb. 1755, † 1823. 1819 auf die ständischen Beratungen von großem Einfluß. 1822 Vizepräsident des Ministeriums und des Staatsrats, nach Hardenbergs Tod zwei Monate lang Staatskanzler. **) Luise, Gemahlin des Grafen August Ernst v. Voß, geborene v. Berg. 583