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[ Band 6 Brief 214: Humboldt an Caroline Fulda, 14. Junius 1819 ]
nannt wurden. Aber der Krebs war höchst wunderbar und wirklich poetisch. Denn ein Schüler hatte den anderen gezwungen, einen großen lebendigen Krebs zu verschlingen. Wie es nun zugegangen sei, daß der Verschlingende sich wohl befunden hatte und nicht vom Krebs zerkniffen und zerbissen worden war, blieb, bis wenigstens zum 20. Bogen, unerklärt. Endlich löste sich alle Verwirrung, und es zeigte sich, daß der verschlungene Krebs ein Butterkrebs gewesen war, nämlich, da Du vermutlich wie ich, den Ausdruck nicht kennst, ein Krebs, der eben die Schale wechselt und also keine hat. Das Merkwürdigste war aber, daß nun erst eine neue Verwickelung an- ging. Der Schüler, dem die Untat geschehen war, hatte seinem Vater, einem Major, geschrieben, daß er von einem Obersten ge- nötigt worden sei, dies zu tun. Er hatte damit einen der obersten Schüler gemeint, da sie so abgeteilt sind. Der Vater aber hatte einen Regimentsobristen verstanden und antwortete: wenn dem so sei, so müsse er, um diesen Schimpf seines Sohnes mit dem Krebs zu rächen, sich als Edelmann und Major mit dem Obristen schlagen. Glücklicher Weise wurde denn auch dieses Duell verhütet, die Läuse abgekämmt, der Krebs verdaut, und so endigte sich alles ganz bürgerlich und moralisch. Die Lektüre aber, das schwöre ich Dir, dauerte gute drittehalb Stunden. Ich kam den Abend in Bur- görner an. Frankfurt, 15. Junius 1819 Ich bin diese Nacht hier angekommen, liebe Li, doch später als ich glaubte, weil ich in einem kleinen Ort noch einmal den Wagen brach. Heute früh habe ich gleich, da der Kurier heute gerade nach Berlin abgeht, meine Geschäfte gemacht, die aufs neue eine Wen- dung nehmen, welche ein baldiges Wegkommen verspricht. Daß ich indes erst das Glück habe, Dich hier zu empfangen, bleibt so gut als gewiß. 565