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[ Band 6 Brief 207: Humboldt an Caroline Frankfurt, 25. Mai 1819 ]
bin ich einmal die letzte, und man ist nun natürlich ungeduldig zu wissen, ob auch diese getäuscht sein wird. Bernstorff, der mir seit langer Zeit, da er bisher krank war, zum erstenmal wieder selbst schreibt, sagt mir ausdrücklich: »Zu den mancherlei schon vorhan- denen Gründen, welche mich wünschen lassen, Sie bald hier zu sehen, gesellen sich täglich neue hinzu.« Er fährt darauf fort zu sagen, daß ich durch den Verzug vielleicht den Vorteil gewönne, Dich auch hier zu sehen. Ich habe ihm geantwortet, wie es steht und warum ich fürchte, eigene Schritte zu machen. Ich habe hinzugesetzt, daß Deine Ankunft, so unendlich lieb es mir sein würde, Dich noch hier zu sehen, mir kein Hindernis, abzureisen, sein würde. Ich betrachtete meine ganze künftige Stellung bloß als eine Reihe von Aufopferungen und würde daher nicht vor der ersten, obgleich sie gerade auch die schmerzlichste sei, zurücktreten. So liegen nun die Dinge. Ich habe meinen Aufenthalt in Nassau noch sehr vergnügt geendigt. Den letzten Tag, wo ich den Brief an Dich abschickte, am 22. denke ich, kam Pfuel, geistreich und aufgeweckt wie immer. Stein war von der besten Laune der Welt. Er ist mir wirklich sehr gut, liebt Pfuel, und wir waren ganz allein zusammen. So verging der Tag angenehm und schnell. Pfuel grüßt Dich unend- lich und freut sich im voraus, Dich in Ems zu besuchen. Am folgenden Tag, 23., ritt Pfuel früh weg, ließ die Pferde unter- wegs, nahm einen Fußweg und war zu Fuß in sehr kurzer Zeit in Coblenz. Stein und ich fuhren eine halbe Stunde später auch dahin. Wir kamen etwa um 10, noch etwas früher, an, stiegen auf dem Ehrenbreitstein aus und besahen nun bis 2 Uhr die Festungswerke dort. Du weißt vielleicht, daß man eine weitläuftige Festung da anlegt, die schon in diesem Jahr dergestalt äußerlich geschlossen wird, daß man sich gegen den Feind darin verteidigen könnte. Es ist ein großes und überaus schönes Werk, eigentlich 548