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[ Band 6 Brief 204: Humboldt an Caroline Frankfurt, 17. Mai 1819 ]
ebenso klingt, als wenn man selbst spricht. Es gibt aber nichts Schrecklicheres, als wenn ein Fremdartiger in den eigengeweihten Kreis tritt. Viel eher kann man selbst daraus hinausgehen. Ich habe noch jetzt eine ordentlich kindische Scheu, mit den Leuten von Dingen zu reden, die über ihren Begriff gehen, und es wirkt bei mir immer als Scham, und als wenn ich unrecht hätte. So habe ich mich noch neulich überrascht, daß ich ganz rot geworden bin, da der verrückte Schatten [?] vom Agamemnon mit mir gesprochen hat. Die Unwissenheit, Einfalt und Beschränktheit als eine Vor- nehmheit zu behandeln, die man über sich in stiller Ruhe und Sicherheit sitzen läßt, hat mir immer nicht nur eine bequeme Lebens- ansicht geschienen, sondern auch eine geschmackvolle. Denn wenn man diese Dinge nicht mit einer Art willkürlichem Glanze beklei- dete, fielen sie ja ganz platt zu Boden. Nur sollten sie sich dann freilich auch aller tiefen menschlichen Ausdrücke enthalten. Stein schreibt mir von Zeit zu Zeit, vielleicht gehe ich noch diese Woche auf ein paar Tage zu ihm. Es muß sehr hübsch mit ihm allein in Nassau sein, noch dazu da das Wetter merkwürdig heiter ist. 205. Caroline an Humboldt Florenz, 18. Mai 1819 Ich habe, mein geliebtes Herz, so kranke Tage hier gehabt, daß ich mich habe entschließen müssen, hier zu bleiben, bis Bekker uns begleiten kann. Und wie fleißig er arbeitet, er kann nicht vor dem 29. Mai fertig sein. Den hoffen wir dann über Bologna abzusegeln. Wie sehr es mich gekostet hat, ich habe es tun müssen. Die Schmerzen, die ich hier gelitten habe und bei- nah noch jeden Tag leide, lassen sich gar nicht beschreiben. Durch große Ruhe, sehr vieles Liegen hoffe ich dann wieder so weit zu 542