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[ Band 6 Brief 203: Caroline an Humboldt Florenz, 14. Mai 1819 ]
203. Caroline an Humboldt Florenz, 14. Mai 1819 Nachdem ich Dir am 11. geschrieben, hatte, teuerstes Herz, ging ich auf die Galerie, die unserer Wohnung gerade gegenüber, nur durch den Fluß getrennt, liegt, allein ich konnte es nur eine ganz kurze Zeit aushalten. Mir ward so übel, daß ich nach Hause gehen und mich hinlegen mußte. Eine un- glaubliche Schwäche hatte mich befallen, die sich dann den 12. und 13. in unbändigen Schmerzen löste. Mich dünkt, so hätte ich sie noch gar nicht gehabt. Dabei regte sich mein Husten so, daß ich ohne alle Übelkeit in einemfort erbrechen mußte. Den Tag darauf waren noch dieselben Zufälle, aber mit weniger Heftigkeit. Heute geht es mir etwas besser, obgleich ich nicht schmerzenslos bin. Die Herz hat die rührendste Sorgfalt für mich, wenn ich nur mit den Au- gen winke, so ist es schon geschehen. Fürchte ja nicht, daß mir etwas abgeht. In ein paar Tagen werde ich gewiß wieder leid- lich sein. Bekker arbeitet Tag und Nacht, er möchte uns bis Mailand begleiten, und um es möglich zu machen, arbeitet er so. Brandis kann seiner schwachen Gesundheit wegen nicht mit derselben Anstrengung arbeiten, aber auch er tut, was er kann. Die Herren vergleichen Codices zu einer Ausgabe des Aristoteles, die Bekker veranstalten wird. Der stumme Bekker ist ganz freundlich, zuvor- kommend und gefällig geworden, auch ich wünsche sehr, daß er mit uns bis Mailand bleibe, denn ohne einen Mann ist man doch recht allein und à la merci jedes impertinenten Gastwirts oder Fuhrmanns. In Deinem Brief vom 19. April ist eine Stelle über die Leidenschaft der Liebe, die Du mir aus der Seele geschrieben hast. Ja, so ist es. Die rechte geleitet bis an das Grab, und vermut- lich geht sie mit hinüber. — Alle Details, die Du mir von dem unglücklichen Sand gibst, haben mich doch sehr interessiert. Ich habe ein tiefes Mitleiden 539