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[   Band 6 Brief 188:    Humboldt an Caroline    Frankfurt, 19. März 1819   ]


darin. Aber eine sehr hübsche kleine Lebensbeschreibung Höltys *).
Die Leute damals schrieben noch so einfach. Jetzt findet man immer
so ungemeine Worte und solchen Apparat, der dann doch zu nichts
mehr, ja eben darum zu viel weniger führt. Die Insel Felsenburg **)
brauchst Du nicht zu lesen. Es ist nichts daran. Bloß zwei
Verse habe ich aus den ganzen vier Teilen behalten:
        »Traure nicht, du Hälfte meiner Seele,
        Angenehme Cordula!«
Die beiden letzten Worte sind wirklich unbezahlbar, besonders, wenn
sie ein Mensch auf einer wüsten Insel zu dem einzigen lebenden
Geschöpf sagt, das mit darauf ist. Dann kommen auf einem Grabe
immer zwei abgeschiedene Geister in scharlachenen Feuermänteln
zusammen. Die sind hübsch beschrieben und fallen mir oft um
Mitternacht ein. Du siehst, holde Seele, daß ich allerlei Amüse-
ments habe.
Lebe wohl, innigst geliebtes Herz. Ewig Dein H.


189. Caroline an Humboldt                          Rom, 24. März 1819

Endlich kann ich Dir sagen, mein teuerstes Leben, daß es
doch etwas besser mit mir geht, daß ich wieder anfange,
die Treppen zwar langsam, aber doch wie andere Menschen
zu gehen. Die Äquinoxialstürme sind auch ganz vorbei, so scheint
es wenigstens, und ich glaube, daß das nicht wenig zu meinem
besseren Befinden beiträgt. . . . Ich bitte Dich denn auch, mein
teuerstes Leben, Deinen nächsten Brief an François Bossi in
Florenz zu adressieren. Wir reisen den 2. oder 3. Mai bestimmt

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*) Ludwig Heinrich Christoph Hölty, geb. 1748, † 1776, Lyriker.
**) Vgl. S. 462.

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