< zurück      Inhalt      vor >                                          
[   Band 6 Brief 186:    Caroline an Humboldt     Rom, 6. März 1819   ]


sehr wahres Wort von August, daß die Schlechten stark sind, weil
sie sich nicht scheuen, jedes Mittel anzuwenden. Aber zum Glück
ist das doch nur auf einige Zeit, denn das allerschönste, allertrö-
stendste im Leben ist das, daß nur das Gute dauernd, ja Unsterb-
lich ist. Mein Gemüt ist sehr ruhig, denn wie Du nichts Persön-
liches gewollt hast (das Persönliche wäre nur gewesen, in stiller
Ruhe in irgendeinem schönen Winkel der Erde das Leben zu-
sammen zu beschließen), so stehst Du eigentlich immer, Gott sei es
ewig gedankt, über den Begebenheiten. Ich habe jetzt gar keine
Ahndung über den Ausgang dieser heftigen Krise, das eine wie
das andere, was der Staatskanzler tun könnte, kommt mir ebenso
wahrscheinlich vor, aber das weiß ich, daß, wie es ausschlage, es
nicht ohne eine starke Wirkung bleiben kann. Der, von dem der
erste Brief kam, ist mir auch sehr merkwürdig, und er scheint mir
selbst der gedrungenen inhaltvollen Sprache seiner Briefe nach sehr
ausgezeichnet. Sonderbar kommt’s mir vor, daß der, der Gabrielle
ermahnte, keinen Italiener zu heiraten, gar nichts von sich hat hören
lassen *). Das erregt einem sonderbare Gedanken. —
Nibbio grüßt Dich sehr, Du kannst denken, wie er auf den
Ausgang gespannt ist. Dein Brief vom 12. war sichtbar geöffnet.
Ich siegle mit der Victoria. Möge sie ein gutes Zeichen sein!
Ewig in treuer Liebe Dein.


187. Caroline an Humboldt                            Rom, 17. März 1819

Vorgestern, meine liebe, süße Seele, habe ich Deine Briefe
vom 22. und 26. Februar empfangen. Das Schicksal
ist also entschieden, und wirklich das Schicksal, denn das
Vorhergegangene war so, daß man das Entgegengesetzte erwarten

———
*) Gneisenau.

                                                                       502