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[ Band 6 Brief 185: Humboldt an Caroline Frankfurt, 1. März 1819 ]
gewiß nur der Schritt eines überlegenden und die Pflichten, die er übernimmt, mit Ernst betrachtenden Mannes war. Bei allem diesem sind die empfangenen Kabinettsordren dem König in einem Ton abgefaßt vorgelegt worden, der wohl nicht leicht je gegen einen gebraucht worden ist, der schon seit Jahren das Glück hat, Minister Seiner Majestät zu sein. Meine einzige, aber unendlich große Beruhigung hierbei ist die Erinnerung an die gnädige, milde, her- ablassende und huldvolle Art gewesen, mit der Seine Majestät mich in Aachen selbst zu behandeln geruht haben. In dieser ge- hörte jedes Wort Ihnen selbst an, kam aus Ihren Gesinnungen und Ihrem Charakter«. — Ich weiß nicht, ob dieser Brief gezeigt werden wird. Ich wünschte es aber. Die Klage am Ende habe ich mit Fleiß nicht unterdrückt. Die Kabinettsordren haben wirklich einen ungezie- menden Ton, den es nie gut ist bloß zu dulden, und es ist sehr offenbar, wer sie geschrieben hat. Es ist ein unendlich hübscher Ausdruck in einem Deiner Briefe, die vor mir liegen: Mir kocht und brennt es gleich an allen Ecken. Das ist wirklich wahr, aber immer nur für Dinge, die sich an etwas Allgemeines, Hohes, Reines knüpfen, in bloß persön- lichen ist niemand so geduldig und sanft wie Du, geliebte, teure Seele. Und dann ist dies Feuer unendlich schön, und besser wie meine Leidenschaftlosigkeit. Diese entsteht aber zum Teil aus mei- ner Kindheit und ersten Jugend, wo wenig Menschen so viel an sich gearbeitet haben, so tief in sich gegriffen, so wenig nachsichtig mit sich umgegangen sind als ich, und aus eigenem, heimlichem An- trieb und bloß um Herr zu werden über mich selbst, ohne anderen Zweck als diesen rein und einfach gedachten. In mir ist das ganz, noch ehe ich die Alten selbst lesen konnte, durch die alte Geschichte entstanden, und so hat es sich fortgesponnen. In einer Frau wäre das nicht einmal hübsch. Sie muß auch gewiß Herrschaft und 500