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[   Band 6 Brief 175:    Humboldt an Caroline    Frankfurt, 5. Februar 1819   ]


Form der Buchstaben weniger am freien Raten gestört wird, da-
durch werden die ganz schlechten Hände wirklich fast so leserlich
als die wahrhaft schönen. Boisdeslandes lacht oft, wenn er
kommt und mich fragt, wie ein Wort heißen soll, und ich die Lupe
zur Hand nehme, die immer auf meinem Tisch liegt. Gewöhnlich
entscheide ich aber doch bloß nach Belieben.


176. Humboldt an Caroline                    Frankfurt, 8. Februar 1819

Ich habe gestern, süßes Kind, eine nicht angenehme Seelen-
bewegung gehabt, die ich indes nach einer Stunde, nach
der ich mich wieder auf dem gehörigen Fleck befand,
ruhig überwunden habe. Als ich um Mittag nach Hause kam,
brachte mir Boisdeslandes die Briefe der Post und sagte, daß
eine Kabinettsordre dabei sei. Ich glaubte, es wäre meine Ab-
berufung von hier, und freute mich eigentlich darüber. Allein es
war sehr anders. Das Kabinettsschreiben ist wohl unstreitig vom
Staatskanzler angegeben, der König mag auch über den Aufschub,
ohne die Sache recht im Zusammenhang zu überlegen, verdrießlich
geworden sein, und so ist denn ein gar nicht gnädiges [unleserliches
Wort] erfolgt, daß ich unverzüglich annehmen solle. Ich habe die
Sache erst allein, dann mit dem Hiesigen überlegt, und mein Ent-
schluß ist, da ich weder augenblicklich annehmen, noch auch von
hier weggehen kann, dem König nun klar, deutlich und ausführlich
zu schreiben, ihm zu sagen, wie ich eigentlich behandelt worden bin,
welche Bedenken ich bei der neuen Stelle haben muß, meine Be-
dingungen der Annahme zu machen und darauf anzutragen, daß
ich augenblicklich abberufen werde. Es ist nichts anderes zu tun.

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