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[ Band 6 Brief 149: Humboldt an Caroline Aachen, 20. November 1818 ]
dem er mich als eine Stütze oder ein Hindernis ansieht. Daher läßt mich eben keiner unbeachtet. . . . Beim König war ich gestern früh. Er ist heute abgereist, und ich ging zum Abschiednehmen hin. Er war ungemein freund- lich. Er sprach mir von seiner Unpäßlichkeit, dann von Geschäften (er ist eigentlich der einzige, mit dem mir das hier ohne meine Ver- anlassung begegnet ist), beim Weggehen sagte er mir, daß er mich in Berlin wiedersehen würde. Ich konnte auf keine Weise mehr verlangen. Bernstorff hat den Schwarzen Adlerorden bekommen, und das ist gestern bekannt geworden. Ich erfuhr es beim Staatskanzler kurz vor Tisch, es waren gerade sehr viele Menschen da, die Hatz- feld *) mit ihren Töchtern, Richelieu, alle in ihren Orden. Ich hatte es nicht gewußt und hatte, wie gewöhnlich, bloß mein Eisernes Kreuz. Bernstorff scheint, und Alexander hat dieselbe Bemerkung gemacht, in Verlegenheit darüber zu sein, den Orden in diesem Augenblick, nach einem Kongreß, der aufs mindeste unbedeutend ge- wesen ist, bekommen zu haben. Er hatte ihn nicht an, sondern bloß eine Orangeschleife im Knopfloch. Ich wünschte ihm sehr unbefangen Glück, aber man sah, daß er ungern die Erwähnung hatte. Die Sache ist bis jetzt noch zu wenig bemerkt worden, als daß man sagen könnte, welchen Eindruck diese neue Gunst machen wird. Es ist aber vorauszusehen, daß sie mißfallen und Neid erregen wird, und es ist ein ungeschickter Dienst, den der Staats- kanzler dadurch Bernstorffen leistet. Alexander ist wütend darüber und konnte den ganzen Tag nicht aufhören, davon zu reden. Er versichert immer, ich hätte doch zwei Frieden unterschrieben und die Kongresse gemacht. Mich hat es in meinem Gleichmut nicht ge- stört. Es gehört gar nicht zur Attitude eines Disgraciierten, daß ——— *) Friderike, Gemahlin des preußischen Gesandten im Haag Fürsten v. Hatzfeld, geborene Gräfin v. der Schulenburg-Kehnert, geb. 1779, † 1832. 384