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[ Band 6 Brief 149: Humboldt an Caroline Aachen, 20. November 1818 ]
am ersten Tage war. Meine Partie ist seit vorigem Sommer ge- nommen. Ich bleibe freundlich und gut mit ihm als Privatmann, allein in Geschäften sind wir auf immer und unwiederbringlich ge- trennt. Es ist von seiner Seite Mißtrauen gegen mich, und von meiner die Überzeugung, daß man auf ihn mit keiner Art der Zu- verlässigkeit, weder in Personen noch Sachen, bauen kann. Da nun genaue innere Verbindung bei so verschiedenen Gesinnungen, Be- schäftigungen und Neigungen unmöglich ist, so ist es die Flachheit der Freundschaft. Sein Bemühen um das Zeigen davon ist un- leugbar. Er ist nicht ruhig, wenn ich nicht alle Tage da esse, nicht bei ihm dann sitze, nicht den Wein trinke, den er am liebsten hat, und wenn ich einmal stiller bin als das andermal, so fragt er gleich und beklagt sich. Viele Menschen sehen darin Absicht, und wenn sie da ist, so erreicht sie ihren Endzweck, denn ich habe schon hie und da gehört, daß man sich sehr über dieses gute Vernehmen unter uns wundert. Bernstorff äußert mir viel Vertrauen. Er hat mit mir aus- führlich über die Lage der Dinge, über die Notwendigkeit, daß ich im Ministerium sei, gesprochen. Dabei führt er immer schon im Munde, daß er vermutlich in kurzem werde seinen Abschied nehmen müssen. Indem er einen Fuß in diesen wundervollen Staat setzt, zieht er den andern schon wieder heraus. Ich rede wahr und offen mit ihm, widerstrebe aber allem Annehmen eines Ministeriums, das nicht mein Fach ist, noch je gewesen ist. Fürs erste ist dies immer gut, selbst wenn man im Augenblick der wirklichen Wahl doch Gründe haben sollte, über dies Bedenken wegzugehen. Beyme ist jetzt auch hier. Gegen den öffne ich mich gar nicht. Ich habe ehemals seine Geschwätzigkeit und Unzuverlässigkeit erprobt. Beyme tut übrigens auch, als wenn er sehr wünschte, daß ich nach Berlin komme. Wie verschieden jedes einzelnen An- und Absichten sind, so findet jeder immer in meiner jetzigen Lage einen Punkt, auf 383