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[ Band 6 Brief 144: Humboldt an Caroline Aachen, 4. November 1818 ]
rade preußische Geschäfte haben dadurch nicht gelitten, da eben keine solche hier vorgekommen sind. Aber es ist immer sehr schlimm, wenn auch in europäischen Dingen der Einfluß und die Achtung Preußens sinken. Der König kommt erst morgen, alsdann Alexander auch. Alexander hat eine Kabinettsorder bekommen, die ihm auf vier bis fünf Jahre 12000 Taler in Gold jährlich für die indische Reise zusichert. Außerdem soll er alle Instrumente anschaffen, brauchen und dann erst dem Staat zurückgeben können. Der Kanzler hat sich dabei sehr hübsch genommen. Stein ist auch hier. Du kannst nicht glauben, mit welcher Liebe er mich aufgenommen hat. Ich glaube wirklich, daß ich auf keinen Menschen so viel rechnen kann, wie auf ihn. Erst in Boyens Gegenwart und dann allein hat er mir gesagt, daß mir eigentlich meine Freunde vorzüglich schadeten. »Sie sprechen immer,« sagt er, »von Humboldts Talent, Kenntnissen und Geist, das ist aber nicht das Feld, wo man ihn verteidigen muß. Seine Feinde greifen seinen Charakter an, nennen ihn geizig, hart, unverträglich, eigen- süchtig, da er gerade wohltätig, freundlich und uneigennützig ist und sich vielmehr zerreißt, um den Leuten zu dienen. Das muß man sagen und verbreiten.« Nach Dir, teures Herz, hat er mit der größten Teilnahme gefragt. Er wird Dir durch mich antworten. Er hätte es längst getan, er hatte aber nicht recht gewußt, ob Du noch in Rom warst. Gegen den Staatskanzler hegt er die Dir bekannten Gesinnungen. Er wollte gar nicht einmal zu ihm gehen, allein der letztere sagt mir doch, daß er morgen bei ihm essen würde. Ich kann Dir auch jetzt, geliebte Seele, schon von einer Unter- redung mit dem Staatskanzler sprechen. Sie ist in alle Tiefen der Sache hineingegangen, aber doch sehr freundlich und selbst freund- schaftlich geblieben, und die Resultate sind mir wenigstens voll- kommen klar. Er ist schon jetzt mit mir darüber einig, daß ich 367