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[ Band 6 Brief 125: Caroline an Humboldt Rom, 22. September 1818 ]
und abnehmenden Kräfte trugen nicht dazu bei, mich in Schlaf zu wiegen. Da kam heut morgen Dein lieber Brief. Oh, welch einen Schatz an Liebe und Treue habe ich an Dir, glaube nur, daß ich es ganz erkenne. Ich nehme beinah für entschieden und ausgemacht an, daß Du nicht zum Kongreß gerufen wirst, wie wenig sie es eingestehen wollen, aber es gibt gewiß Leute, die sehr verlegen in ihrem Inneren gegen Dich sind. Ich will darüber schweigen. Ich billige alles, was Du getan hast, Dein nochmaliges Schreiben an den Kanzler, denn leicht könnten sie denken, Du würdest jetzt Dich beruhigen, nachdem die neue Stelle in Berlin durch Bernstorff gemacht und gefüllt ist. Nur das eine billige ich nicht, daß Du Dich auch vom Staatsrat wegdrängen lassen willst. Tue das nicht. Glaube es mir, tue es nicht. Wer weiß, was sie alles von Dir in der Welt herumschwatzen. Eine Person, die Dir und Bernstorff sehr wohl will, hat als Vergleich zwischen Dir und ihm folgendes hierher geschrieben. »Nichts ist heterogener als diese beiden außer- ordentlichen Männer. Allein Dänemark verliert ohne Ersatz, und Bernstorff, ein unerschütterlicher Anhänger der Monarchie, ist für den König, der ihn verliert, ein so großer Verlust, weil er bei den festesten Grundsätzen gegen die allgemein herrschenden Ideen doch Liebe und Vertrauen einflößt. Humboldt wird gerade von der antimonarchischen Partei am meisten regrettiert, und der König, der ihn verliert, depopularisiert sich. Humboldt wäre nur in England an seiner wahren Stelle.« Woher kommen die Leute auf solche Gedanken? Mir schwindelt, wenn ich denke, was sie alles jetzt von Dir schwatzen und schreiben. Ja, meine Seele, Du kannst ruhig dem allen zusehen, allein eine so entschieden andere Farbe ließ ich mir doch nicht geben. Rein und offen liege dem König Dein Betragen vor Augen. Die Wahl Bernstorffs kann ich nicht billigen. Sie kränkt und beleidigt mit Recht den Nationalstolz, und wie er den Posten an- 317