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[ Band 6 Brief 114: Humboldt an Caroline London, 21. August 1818 ]
gekommen. Wie sie aber nach langer Zeit einmal Französisch sprach, und da sie etwas erzählte, sich Gräfin nannte, glaubte ich, er ließe die Teller fallen. Sie erzählt einem ewig, auch mitunter inter- essante Dinge, wenigstens curiöse. Aber es ist gar nicht möglich, etwas nachzuerzählen, denn man wird ganz wüst im Kopf bei ihr und hat Mühe, nur noch selbst einige Gedanken zu behalten. Die alten Adelphrasen gehen nur immerfort. Die Rahel in Karlsruhe hat sie immer affektiert vor den Leuten Gräfin genannt. »Schmeißen Sie nur nicht so mit der Gräfin um sich. Ich will nichts Ge- machtes sein. Einen, der einen Herrn von Schlabrendorff gemacht hätte, kennt man gar nicht, und einen Herrn von Kalckreuth auch nicht.« *) Eine göttliche Phrase hat sie auch von einer hiesigen Buchhändlerfrau, die gebrochen Deutsch spricht und in Deutschland gewesen ist und die Kunstsachen dort viel schöner gefunden hat. Die soll gesagt haben: »Oh, die Gemälde und die Figuren hier und die ganze englische Kunst geht von hinten heraus.« Die arme Frau hat sagen wollen, daß sie zurücksteht. Es ist aber wirklich, um es in ein Sprichwort zu verwandeln. Von Gustav **) erfährt man nie das Rechte von ihr. Doch soll er sehr wohl sein. Aber er geht gar nicht aus. Wie sie versichert, so trägt er jetzt nie weder Hemd noch Strümpfe, sondern nichts als den gewissen großen dunklen Matin, und da dieser die Brust sehr frei läßt, so wird die vom Bart bedeckt, der bis auf den Gürtel gehen soll. Nun lebe wohl, mein teures Herz. ——— *) Beiden uradligen Familien war 1786 der Grafentitel verliehen worden. **) Graf Schlabrendorff. 280