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[ Band 6 Brief 81: Caroline an Humboldt Rom, 14. Mai 1818 ]
81. Caroline an Humboldt Rom, 14. Mai 1818 Ach, daß Du bei mir wärst, meine liebe Seele! Ich stehe eben auf und stand lang am Fenster. Wie herrlich Rom in dieser vollen Morgenbeleuchtung, einzig schön und herrlich! Das Wasser sieht man drüben der Acqua Paola, San Pietro in Montorio und darüber unsere schöne Villa Barberina, jetzt Sciarra, deren Umfang und Kasino man deutlich von hier aus erkannte. Werd’ ich je noch es wiedersehn mit Dir? Kommen wir wieder, so sagt mir mein Herz, daß wir nicht wieder scheiden. Ich war am gestrigen Abend bei der Pyramide mit den Kindern und Rauch. Er konnte seinen Augen kaum glauben, als er die Pinie sah, wie hoch sie aufgeschossen und wie stämmig sie dasteht. Ich habe mir das Journal des Débats von Niebuhr geben lassen und, so viel darin steht, nachgelesen. Englische Zeitungen habe ich hier zu sehen nicht Gelegenheit. Mich verdrießt der Aus- gang der Debatten im Parlament auch Deinetwegen, und hinsichtlich der Herzogin von Cumberland finde ich es äußerst unanständig, daß eine englische Prinzessin eine Apanage von einem fremden Souverain bezieht. Wenn sie nun alle auf den Continent kommen, wird es ja wahrlich eine Überschwemmung von Prinzen geben. Ich habe, geliebtestes Herz, Deinen Brief vom 21. April bekommen. Es geht ein Anklang der Wehmut hindurch über die Schicksale dieses Jahres, den ich ganz teile. Nur ein Schönes hat es doch gebracht, und Gott wird geben, daß es dauernd sein wird. Carolinens Zustand ist gar nicht mehr mit dem voriges Jahr zu vergleichen, und seit dem Eintritt besserer Jahreszeit zumal entwickelt sich ein so anderes Sein, daß sie an Geist und Körper nicht mehr kenntlich ist. Nein, wie es hätte werden mögen, der Zustand, in dem sie vor der Reise war und die erste Zeit hier, den konnte ich auch nicht viel länger ertragen, das Herz brach mir in 190